Dass große Weltkonzerne in Europa viel Geld verdienen, dafür aber nur wenig Steuern zahlen, ist innerhalb der Europäischen Union schon lange ein Ärgernis. Doch es gab kaum wirkliche Handhabe dagegen, bislang war in vielen Fällen noch nicht einmal genau bekannt, um welche Summen es sich handelt. Das könnte sich allerdings bald ändern.
Die EU-Wirtschaftsminister wollen laut Medienberichten am Donnerstag bei einer Videokonferenz über einen Richtlinienvorschlag beraten, der die Konzerne zum sogenannten "Public country-by-country reporting" verpflichtet. Das bedeutet, dass Unternehmen im Internet angeben müssen, wie viel Umsatz und Gewinn sie in welchem Land machen – in Europa, aber auch in beliebten Steueroasen wie Panama. So könnte eine Art Steuerpranger entstehen: Für Politiker, Bürger und Journalisten wäre nachvollziehbar, welcher Konzern wo Steuern zahlt – und wo eben nicht.
Druck für EU-Länder mit niedrigen Steuersätzen
Die Regel soll für Konzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz gelten. Dazu zählen zum Beispiel Google, Starbucks, Amazon oder Apple. Dabei geht es auch darum, dass Unternehmen zwar innerhalb der Europäischen Union Steuern zahlen, dies aber nur in Ländern wie den Niederlanden oder Luxemburg tun, wo sie von niedrigen Steuersätzen profitieren. Würden diese Zahlen öffentlich, könnten auch diese EU-Staaten unter Druck geraten. Schließlich gehen durch diese Praktiken anderen Ländern Steuergelder verloren. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts entgehen Deutschland auf diese Weise fast sechs Milliarden Euro Steuereinnahmen.
Das Gesetzesvorhaben wird in Brüssel schon seit einigen Jahren diskutiert, bislang fand sich dafür jedoch keine Mehrheit. "Die meisten Unternehmen zahlen angemessen Steuern und einige wenige nicht, und das ist schwer zu ändern, weil die Steueroasen in EU-Steuerfragen wegen der notwendigen Einstimmigkeit bisher jede Reform blockieren", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold der "Welt". Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" stehen die Chancen nun jedoch gut, dass der Entwurf am Donnerstag durchgewunken und dann im Europäischen Parlament verhandelt wird.

Deutschland enthält sich
Die Bundesregierung ist in der Frage gespalten und hatte in der Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft den Gesetzesentwurf blockiert. In der Großen Koalition unterstützt die SPD das Vorhaben, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und die CDU sind dagegen. Die Gegner der Regelung befürchten, dass deutsche Unternehmen dadurch im internationalen Wettbewerb benachteiligt werden könnten. Das Ergebnis dieser Uneinigkeit ist eine klassische Patt-Situation: Deutschland wird sich enthalten, was offiziell als Ablehnung gewertet wird. Die Einführung des Steuerprangers für große Unternehmen wird das aber wohl nicht mehr verhindern können.
Quellen: "Süddeutsche Zeitung" / "Welt" / "Zeit"