Jas Bagniewski ist zweifellos ein ziemlich smarter Typ. Der Brite mit polnischen Wurzeln ist gerade mal 36 Jahre alt, hat schon im Management von Groupon gearbeitet und war UK-Chef von Zalando. In den vergangenen drei Jahren stampfte er mit einer Handvoll Mitstreitern das Matratzen-Start-up Eve aus dem Boden. Das Ziel: Von London aus die Welt erobern. Mit einem zweistelligen Millionenbetrag von Investoren im Rücken ist Eve bereits in 15 Ländern vertreten. In Deutschland aber ist der Matratzen-Feldzug unerwartet ins Stocken gekommen und das liegt an einem Gegner, den Bagniewski nicht hat kommen sehen: die Stiftung Warentest.
Eve verkauft - ebenso wie Konkurrenten namens Emma, Casper oder Muun - eine einzige Matratze, die für alle passen soll - und die mit ordentlich Werbetamtam in den Markt gedrückt wird. Im Herbst 2016 nahm sich die Stiftung Warentest die neuen Onlineanbieter vor, die im Grunde alle versprachen, sie hätten die beste Matratze der Welt erfunden. Für Eve wurde der Test zum Desaster.
Die Warentester monierten Liegekuhlen, in der "große, schwere Rückenschläfer liegen wie in einer Hängematte". Zudem fehlten Haltegriffe und ein abnehmbarer Bezug. Endgültig K.O. ging Eve in der Schadstoffprüfung: Abgesehen von unangenehmen Ausdünstungen beim Auspacken enthielt die Matratze große Mengen des Flammschutzmittels TCPP. In Großbritannien ist es aus Brandschutzgründen Pflicht, die Stiftung Warentest bewertet es als potenziell krebserregend. Fazit: "Eve ist eine der schlechtesten Matratzen, die die Stiftung Warentest in den vergangenen Jahren getestet hat." Qualitätsurteil: "Mangelhaft".
Stiftung Warentest ist Gesetz
Die britischen Matratzenmacher mussten daraufhin zwei Dinge schmerzlich lernen. Erstens: Der deutsche Kunde ist anspruchsvoll. Zweitens: Was die Stiftung Warentest schreibt, steht in Deutschland kurz unterm Grundgesetz. "Das Stiftung-Warentest-Urteil hat uns massiv getroffen", sagt Eve-Gründer Jas Bagniewski im Gespräch mit dem stern. Zuvor habe sich das Unternehmen darauf konzentriert, gute Bewertungen von Kunden zu bekommen. Vergleichstests gebe es zwar auch in anderen Ländern. Aber: "Nirgendwo ist eine einzige Testnote so wichtig wie das Stiftung-Warentest-Urteil in Deutschland."
Vor allem das harte Urteil in der Schadstoffprüfung überraschte die Eve-Leute. Eve steht auf dem Standpunkt, dass das Flammschutzmittel in britischen Matratzen nicht gefährlich ist, solange die Kunden ihre Matratze nicht aufessen. "Eine Scheibe verbrannten Toast zu essen ist wesentlich gefährlicher", sagt Bagniewski. Doch es hilft nichts: Mit einer "Mangelhaft"-Matratze kann man in Deutschland keinen Blumentopf gewinnen.
Produktdetails sind wichtiger als Sexyness
Obwohl Eve laut Eigenwerbung ja schon die beste Matratze hatte, musste für Deutschland eine komplett neue her. Eve engagierte eigens ein Testinstitut, das darauf achten soll, dass alles was in Deutschland wichtig ist, berücksichtigt ist.
Vor wenigen Tagen ist das Ergebnis auf den Markt gekommen. Die neue deutsche Eve - genannt Eve2 - hat Haltegriffe und einen waschbaren Bezug. Sie enthält kein TCPP mehr und hat einen Haufen Ökosiegel und sonstige Zertifikate. Sie ist sogar Made in Germany. Und sie hat sieben Liegezonen und einen Härtegrad von 2,5, weil die Deutschen auf Liegezonen und Härtegrade stehen - auch wenn eigentlich niemand etwas damit anzufangen weiß. "Der deutsche Kunde ist sehr an Produktdetails interessiert", sagt Bagniewski. "In Frankreich kannst du den Leuten sagen: 'Hier ist eine coole Matratze, hab Sex darauf.'" Das funktioniere in Deutschland nicht.
Jas Bagniewski hat der Stiftung Warentest schon geschrieben, dass er eine neue Matratze am Start hat und dass er sich freuen würde, wenn sie bald getestet wird. Denn wer nach Eve googelt, findet natürlich immer noch das abschreckende Testurteil von 2016. Wann die Stiftung Warentest den nächsten Matratzentest plant, weiß der Eve-Gründer nicht. Ihm bleibt nichts übrig als abzuwarten und auf eine gute Bewertung zu hoffen: "Wenn sie uns erst in zehn Jahren wieder bewerten, wirft uns das zehn Jahre zurück. Wenn sie uns morgen wieder bewerten, haben wir nur 18 Monate verloren." Vorausgesetzt natürlich, die Matratze genügt diesmal deutschen Ansprüchen.