Finanzmärkte EU legt Großbanken an die Leine

Als Reaktion auf die weltweite Finanzkrise bündeln die EU-Staaten bei der Bankenaufsicht ihre Kräfte: Die EU-Finanzminister vereinbarten eine Art Frühwarnsystem für riskante Entwicklungen bei europaweit aktiven Großbanken, aber auch bei Versicherungen und Investmentfirmen dienen sollen.

Als Konsequenz aus der weltweiten Finanzmarktkrise wollen die EU-Staaten bei der Überwachung ihrer Banken enger zusammenarbeiten. Die EU-Finanzminister vereinbarten am Freitag in Slowenien die Einrichtung sogenannter Stabilitätsgruppen, die als eine Art Frühwarnsystem für riskante Entwicklungen bei europaweit aktiven Großbanken, Versicherungen und Investmentfirmen dienen sollen. Betroffen wären etwa die Deutsche Bank oder die italienische UniCredit-Gruppe.

"Erhöhtes Ansteckungsrisiko"

Ziel sei "eine größere Konvergenz und Kooperation der Aufsicht", erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bei dem Treffen in Brdo nahe der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. Für die Zukunft schloss Steinbrück auch die Schaffung einer europäischen Finanzaufsicht nicht aus. Dazu gebe es aber "eine ganze Reihe von Detailfragen, die nicht einfach so holterdipolter gelöst werden können", sagte der Bundesfinanzminister.

Die Vereinbarung, die bei dem Treffen angenommen wurde, warnt vor einem "erhöhten Ansteckungsrisiko" bei Finanzmarktkrisen in der EU. Angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung zwischen den 27 Mitgliedstaaten müssten sich auch die Kontrolleure besser vernetzen. Für jedes Finanzinstitut mit "bedeutsamen Tochtergesellschaften" in mehreren EU-Staaten soll dazu eine Stabilitätsgruppe gegründet werden, in der die Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Regierungen der betroffenen Länder vertreten sind. Die Vereinbarung tritt am 1. Juli 2008 in Kraft.

Ultimatum für Ratingagenturen

Deutschland betrachte die Koordinierungsaufgabe als Chefsache, erklärte der designierte Finanzstaatssekretär Jörn Asmussen in Brdo. Voraussichtlich würden Bundesfinanzminister Steinbrück, Bundesbankchef Axel Weber und der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, persönlich an Sitzungen der Stabilisierungsgruppen teilnehmen. Zwtl: In guten wie in schlechten Zeiten Die Stabilitätsgruppen sollen nicht nur im Krisenfall, sondern auch "zu Friedenszeiten" zusammentreten, wie Asmussen formulierte. Dadurch solle der Informationsaustausch verbessert und eine reibungslose Zusammenarbeit in Notfällen gewährleistet werden. Wie oft die Gruppen zusammentreten, solle aber nicht formal festgelegt werden. Für den Krisenfall sieht die Vereinbarung eine "Lastenteilung" vor, die sich auch auf mögliche staatliche Hilfen beziehen könne.

Außerdem haben die Finanzminister und Notenbankchefs der EU den Ratingagenturen ein Ultimatum gesetzt. Die an den weltweiten Finanzmärkten überaus einflussreichen Institutionen, wie Moody's und Standard & Poor's, müssten dringend ihre Bewertungsmethoden offenlegen. "Die Minister und Notenbankchefs dringen darauf, dass die Branche so schnell wie möglich einen Fahrplan für eigene Initiativen vorlegt", heißt es in einer Erklärung, die am Freitag beim Finanzministertreffen im slowenischen Brdo verabschiedet wurde.

Status Quo ist "keine Option"

Beim Ministertreffen im Juni soll das Thema auf der Tagesordnung stehen. Besonders soll die Rolle der Ratingagenturen bei der Beurteilung komplexer Finanzprodukte erhellt werden. "Wenn die Ratingagenturen nicht bis Mai mit Vorschlägen kommen, werden regulatorische Alternativen ins Auge gefasst werden", drohte EU- Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy. "Den Status Quo so zu lassen, wie er ist, ist keine Option."

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DPA/AP