In der Diskussion um das EU-Lieferkettengesetz hat sich im Europaparlament im zweiten Anlauf eine rechte Mehrheit durchgesetzt. Das Parlament sprach sich am Donnerstag für weitreichende Zugeständnisse an die Wirtschaft aus. Der Stand nach der Abstimmung:
Worum geht es beim Lieferkettengesetz?
Das Lieferkettengesetz sollte ursprünglich Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in ihrer Lieferkette in die Pflicht nehmen. Firmen sollten dafür Angaben zu ihren Lieferanten an die Behörden melden. Auf massiven Druck aus der Wirtschaft hatte die EU-Kommission eine Reihe von Lockerungen vorgeschlagen, die Mehrheit im Europaparlament und unter den 27 EU-Ländern will noch weiter gehen.
Was hat das Parlament beschlossen?
Die Mehrheit im Europaparlament ist dafür, dass deutlich weniger Unternehmen unter das Gesetz fallen. Die Abgeordneten wollen die Schwelle auf Firmen mit mindestens 5000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro anheben, von bislang 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro.
Die Firmen sollen ihre Lieferketten zudem nicht mehr grundsätzlich überprüfen müssen. Sie müssten dem Parlamentsentwurf zufolge nur noch Informationen liefern, wenn ihrer eigenen Ansicht nach ein besonderes Risiko für Verstöße besteht.
Außerdem soll eine EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz gestrichen werden. Damit hingen etwa Entschädigungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung von den Gerichten in den unterschiedlichen EU-Staaten ab.
Wer ist für die Änderungen?
Die Lockerungen gehen auf Druck aus der Wirtschaft zurück. Im Europaparlament stimmten fast alle Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) dafür, ebenso wie alle anwesenden Politiker der Rechtsaußenfraktionen EKR, PfE und ESN. Außerdem stimmten mehrere liberale und sozialdemokratische Politiker dafür, darunter die deutschen FDP-Abgeordneten und die rumänischen Sozialdemokraten.
Wer ist dagegen?
Für eine Mehrheit in den Fraktionen der Sozialdemokraten und Liberalen sowie für Grüne und Linke gehen die Lockerungen zu weit. Sie fordern insbesondere, dass die Haftung für Verstöße gegen das Gesetz beibehalten wird, konnten sich damit aber nicht durchsetzen.
Ein Kompromiss zwischen EVP, Sozialdemokraten und Liberalen war zuvor gescheitert. Die Links-Mitte-Fraktionen warfen der EVP vor, eine Zusammenarbeit mit den Rechtsfraktionen angedroht und sie damit erpresst zu haben.
Wie geht es nun weiter?
Die Änderungen gehen nun in die Verhandlungen mit dem Rat der 27 EU-Staaten. Ziel ist es nach Parlamentsangaben weiter, die Gesetzesänderungen bis Jahresende zu beschließen - darauf drängt unter anderem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
Was bedeutet das für Deutschland?
Die Bundesregierung muss die deutschen Gesetze an die europäischen Vorgaben anpassen, nachdem die Änderungen beschlossen sind. In Deutschland gibt es bereits ein Lieferkettengesetz, die schwarz-rote Bundesregierung will es jedoch ohnehin abschaffen und hat bereits ein deutliches Abschwächen der Regeln auf den Weg gebracht.