Es begann als einfache Zählung, die flugs zum Politikum wurde. Am Mittwoch hat die Stadt Hamburg angefangen, alle Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu erfassen - wer registriert ist, bekommt ein Bändchen als Markierung. Die bunten Bänder sind durchnummeriert und ähneln denen, die man zum Beispiel bei Konzerten oder Freizeitparks erhält. Ein Flüchtling, der im Stadtteil Harburg untergekommen ist, verstand den Sinn der Kennzeichnung zunächst nicht und fragte, warum er jetzt dieses Armband tragen müsse. "Sie müssen es an Ihrem Handgelenk behalten, das kennzeichnet Sie als Flüchtling", sei ihm gesagt worden, berichtet die Tageszeitung "Taz".
Überblick über die Anzahl der Flüchtlinge
Wer wohnt in welcher Einheit, wer muss zu welcher Essensausgabe gehen, wer ist neu im Lager, wer kennt sich aus? Mit dem zunehmenden Strom an Flüchtlingen wird es immer schwieriger, Ordnung und Überblick in die sich immer weiter füllenden Aufnahmelager zu bringen. Ziel der Aktion ist es, einen Überblick zu bekommen: Wie viele Asylbewerber sind noch nicht registriert, wie viele sind registriert, kommen aber von Hamburg aus in andere Bundesländer und wie viele der registrierten Flüchtlinge bleiben in Hamburg?
"Es war eine Anregung des Einwohnerzentralamtes, andere Bundesländer hätten mit dieser Methode gute Erfahrung gemacht", sagte Susanne Schwendtke dem stern. Die Sprecherin des sozialen Dienstleistungsunternehmens "Fördern und Wohnen", der einen Großteil der Einrichtungen zur Erstaufnahme betreibt, weiter: "Es war ein erstmaliger Versuch, um die verschiedenen Gruppen von registrierten und noch nicht registrierten Flüchtlingen bei der Zählung unterscheiden zu können."
Essen nur mit Bändchen?
Noch bis zum Wochenende sollten die Flüchtlingen die Bänder umbehalten: "So können wir auch diejenigen nachhalten, die während der ersten Zählung am Mittwoch nicht erfasst wurden."
In der Zeitung melden sich aber bereits erste Kritiker zu Wort: Diese Praxis sei menschenverachtend, die Menschen würden ohnehin mit Papieren ausgestattet. Ein Armband, das sie in der Öffentlichkeit direkt als Flüchtlinge erkennbar mache, sei nicht integrationsfördernd. "Wir wollten das eigentlich verweigern, weil das stark an dunkle Zeiten in der deutschen Geschichte erinnert", zitiert die "Taz" eine Mitarbeiterin einer Erstaufnahmeeinrichtung, die nicht genannt werden will, "Die klare Ansage war: 'Wenn die Bewohner diese Bänder nicht tragen, gehören sie nicht dazu und bekommen kein Essen'."