Führungswechsel Mister Nokia geht von Bord

Nach mehr als einem Jahrzehnt an der Spitze von Nokia tritt Konzernchef Jorma Ollila ab. Der Führungswechsel kommt für Nokia in einer nicht problemlosen Zeit.

Mit Olli-Pekka Kallasvuo soll Mitte kommenden Jahres ein langjähriger Nokia-Manager neuer Chef des weltgrößten Handy-Produzenten werden. Der bisherige Leiter der Mobiltelefon-Sparte werde am 1. Juni 2006 Nachfolger des Vorstandsvorsitzenden Jorma Ollila, teilte das finnische Unternehmen am Montag mit. Kallasvuo ist bereits seit einem Vierteljahrhundert bei Nokia, zehn Jahre davon war er Finanzchef. Seit Januar 2004 steht der 52-Jährige an der Spitze der größten Abteilung Mobiltelefone. Ollila, der seit 1992 das Ruder bei Nokia in der Hand hat, werde auch nach dem Stabwechsel als "Non-Executive Chairman" im Führungsgremium bleiben, um einen geordneten Übergang zu gewährleisten, erklärte der Konzern.

Die Ankündigung kommt für Nokia in einer trotz satter Gewinne nicht problemlosen Zeit: Zwar haben die Finnen die Absatzdelle des vergangenen Jahres wieder ausgeglichen, doch zuletzt belastete der Preisdruck die Gewinne der zentralen Handy-Sparte.

Analysten äußerten sich positiv zu der Personalentscheidung. "Mit seiner Nokia-Erfahrung ist er gut vorbereitet für seinen neuen Job", sagte Karri Rinta von Nordea. Kallasvuo steht vor der schwierigen Aufgabe, in dem immer härter werdenden Wettbewerb wieder Marktanteile zu gewinnen. Für das dritte Quartal hatte Nokia unlängst einen trüben Ausblick gegeben und damit die Investoren geschockt.

Am 1. Oktober soll Kallasvuo als COO bereits die Verantwortung für das operative Geschäft übernehmen. Ein Nachfolger an der Spitze der Mobiltelefon-Sparte wurde noch nicht ernannt.

Auch Nokia-Präsident Pekka Ala-Pietilä - ein wichtiger Weggefährte Ollilas - kündigte sein Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 1. Februar 2006 an. Er begründete dies mit persönlichen Gründen.

Der Visionär Ollila

Ollila habe in mehr als 13 Jahren an der Konzernspitze "das moderne Nokia aufgebaut, das wir heute kennen", würdigte das Unternehmen ihn in einer Mitteilung. Tatsächlich war Ollila der Visionär, der den Wandel des behäbigen finnischen Industriekonglomerats zum weltgrößten Handy-Konzern entschied. 1994 formulierte er die neue Strategie, mit der sich Nokia komplett auf die Mobilfunkbranche konzentrierte. Der Konzern trennte sich von dem Gummi- und Kabel-Geschäft und der Herstellung von Bildröhren. Der Forstbereich, mit dem Nokia einst startete, war bereits früher abgestoßen worden.

Die Jahre 1995/96 waren für Nokia trotz des Mobilfunk-Booms holprig. Probleme bei Qualität und Logistik sowie Lieferengpässe drückten das Geschäft. Dann wuchs Nokia aber deutlich schneller als die Wettbewerber und übernahm 1998 die Weltmarktspitze. Damals verkaufte Nokia 40,8 Millionen Handys - in diesem Jahr dürften es etwa 250 Millionen werden.

Preisdruck bei Handys macht Nokia zu schaffen

Im vergangenen Jahr erhielt Nokias scheinbar unaufhaltsamer Aufstieg, der auch das Platzen der New-Economy-Blase 2000 überdauerte, jedoch einen spürbaren Dämpfer. Das Unternehmen hatte einige wichtige Trends wie Klapptelefone verschlafen. Als Folge stürzte der Marktanteil von bis zu 40 Prozent zeitweise sogar unter die 30-Prozent-Marke. Doch im Gegensatz zum Beispiel zu Siemens konnte sich Nokia mit einer Modelloffensive schnell fangen und konnte wieder einen Marktanteil über 30 Prozent und hohe Gewinne vorweisen. Der Aufbau der neuen UMTS-Mobilfunknetze ist ebenfalls ertragreich. Zuletzt machte Nokia aber der Preisdruck bei den Handys zu schaffen: Das operative Ergebnis der Handy-Sparte, die nach wie vor den Großteil des Konzerngewinns erwirtschaftet, sank im zweiten Quartal trotz hervorragender Verkäufe um zwei Prozent auf 789 Millionen Euro.

DPA · Reuters
DPA/Reuters