Der chinesische BBK-Konzern vertreibt in Deutschland mehrere Smartphone-Marken. Darunter auch Publikumslieblinge wie Oppo, Vivo, Oneplus und Realme. Schon 2017 galt BBK als zweitgrößter Smartphone-Hersteller der Welt, gleich hinter Samsung. Zumindest der deutsche Markt ist für BBK nun allerdings in Gefahr, denn Nokia gelang es, für gleich zwei Marken einen Verkaufsstopp zu erwirken – und eine Entscheidung für die dritte Marke naht. Grundlage dafür sind Streitigkeiten um 5G-Patente: Nokia sieht seine Rechte verletzt und verlangt Lizenzgebühren.
Oneplus entfernt Geräte aus Online-Shop
Am Freitag entschied ein Münchner Gericht, dass Handys der Marken Oppo und Oneplus ab sofort einem Verkaufsverbot unterliegen. Das bedeutet, dass beide Firmen ihre Geräte weder vermarkten noch vertreiben dürfen. Eine weitere Klage Nokias läuft aktuell auch gegen die Smartphones der BBK-Tochter Vivo. Sollte das Gericht sich an der Entscheidung der Münchner Kollegen orientieren, droht auch hier ein Vermarktungs- und Vertriebsstopp.
Der Effekt ist auf dem Markt bereist spürbar. Bei Geräten in Online-Shops von Drittanbietern handelt es sich um Restbestände, auf der jeweils eigenen Homepage von Oppo und Oneplus sind die Produkte bereits verschwunden.
Bei Oppo wurden sämtliche Informationsseiten zu Geräten abgeschaltet, lediglich eine Entwarnung soll Kundinnen und Kunden beruhigen. Der Hersteller schreibt: "Du kannst deine Oppo Produkte weiterhin uneingeschränkt nutzen, auf den Support zugreifen und du erhältst selbstverständlich auch alle zukünftigen Updates." Zur Zukunft der aktuellen und geplanten Produkte finden sich keinerlei Angaben.
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Dem stern ließ das Unternehmen folgendes Statement zukommen:
„Als Inhaber vieler 5G-Patente respektiert Oppo den Wert des geistigen Eigentums bei Innovationen in besonders hohem Maß. Wir haben in der Vergangenheit Cross-Licensing-Vereinbarungen mit vielen führenden Unternehmen abgeschlossen und setzen uns für die Förderung eines gesunden Ökosystems für geistiges Eigentum ein. Am Tag nach dem Auslaufen des 4G-Vertrags zwischen OPPO und Nokia ist Nokia sofort vor Gericht gegangen. Zuvor haben sie eine unangemessen hohe Vertragsverlängerungsgebühr gefordert." Das Unternehmen weiter: "Unser langfristiges Engagement auf dem deutschen Markt bleibt unverändert und wir arbeiten proaktiv mit den relevanten Parteien zusammen, um die laufende Angelegenheit zu klären. Abgesehen davon, dass der Verkauf und die Vermarktung bestimmter Produkte über die offiziellen Kanäle von Oppo Deutschland ausgesetzt wurde, wird Oppo den Betrieb in Deutschland weiterführen.“
Der Online-Auftritt von Oneplus ist bislang noch etwas umfangreicher, dort verschwanden lediglich sämtliche Smartphones und die Oneplus-Watch aus dem Shop, verfügbar bleibt sämtliches Zubehör sowie Kopfhörer.
Wirtschaftswoche fürchtet Smartphone-Engpass
Mit dem Verschwinden beider Marken werden nach Angaben der Marktforschungsgesellschaft Canalys in Deutschland etwa 10 Prozent des Marktes frei, berichtet die "Wirtschaftswoche". Ein Statement von Oppo liegt dem Magazin ebenfalls vor. Es heißt: "Abgesehen davon, dass wir den Verkauf und die Vermarktung von bestimmten Produkten aussetzen, wird Oppo den Betrieb in Deutschland fortsetzen." Die "Wirtschaftswoche" formuliert es drastischer und spricht von einem Rückzug der Marke aus dem deutschen Markt.
Für den BBK-Konzern geht es um Millionen, der Rückzug scheint genauestens kalkuliert zu sein. Denn für die vermeintlich fehlende Lizenz müsste BBK 2,50 Euro pro Gerät zahlen – weltweit. Dem gegenüber steht der Einbruch von einem Prozent am Gesamtgewinn, den Oppo mit Verkäufen Deutschland erzielt. Wie das bei den anderen Marken aussieht, ist nicht bekannt.
Die "Wirtschaftswoche" warnt, dass sich durch den Wegfall der Marken Preise und Verfügbarkeit anderer Smartphones deutlich verschlechtern könnten. Demnach habe der Branchenverband "Bitkom" aufgrund anhaltender Chipknappheit ohnehin mit einem angespannten Markt gerechnet, der Ausstieg der genannten Anbieter gießt nun weiteres Öl ins Feuer.
Ähnliche Verfahren drohen Apple und Samsung
Die "Wirtschaftswoche" prognostiziert, dass die Entscheidungen gegen Oppo und Oneplus lediglich ein Anfang sein könnten. So würden offenbar auch ein Verträge Nokias mit Apple und Samsung auslaufen, was im Herbst weitere Gründe für gerichtliche Auseinandersetzungen liefern könnte.
Auch Ericsson streitet derzeit mit Apple. In Kolumbien droht dem iPhone-Konzern ein Verkaufsverbot 5G-fähiger Geräte, dort beruft sich Apple derzeit auf die UN-Menschenrechtscharta, die das Recht auf die Freiheit an der Beteiligung am Wirtschaftsgeschehen schützt. Ob das Argument auch dann funktioniert, wenn im Herbst die Prozessserie in Deutschland startet, ist fraglich.
Quelle: Wirtschaftswoche