Gelbe Seiten Beweismittel aus China

Wem gehört die Farbe "Gelb"? Die Telekom prozessiert mit einem Konkurrenten um die Kolorierung von Branchenverzeichnissen.

Vordergründig erscheint alles ganz einfach: Die Branchenverzeichnisse zählten einst zur gelben Post. Heute gehören sie zur DeTeMedien, einer Tochter der Deutschen Telekom. Seit der Trennung von der Post tunkt der Telekom-Konzern seine Werbeauftritte zwar in Magenta. Nur bei den Branchenbüchern bricht das Unternehmen mit der reinen Farbenlehre und bleibt bei dem ursprünglichen Gelb. Doch diese Farbe reklamiert nun auch ein Wettbewerber - und schon gibt es Streit.

Mitte Oktober will eine Firma namens GoYellow im Internet ein Branchenverzeichnis starten. Dahinter steckt der schwäbische Unternehmer Klaus Harisch, der die Telekom schon einmal ärgerte: mit dem Auskunftsdienst Telegate, für den Verona Feldbusch Werbung machte ("Da werden Sie geholfen"). Die "Gelben Seiten" attackiert Harischs neue Firma nun mit Anzeigenpreisen ab einem Euro pro Tag und zusätzlichem Service - etwa Angaben über Liefergebiete und aktuelle Angebote. Nur in einem Punkt bleibt der Dienst altmodisch: Das Ganze soll präsentiert werden im branchentypischen Gelb.

Obwohl die Konkurrenz nur im Internet droht, wird die Telekom nervös. Von einem Gericht in München ließ der Telefonkonzern GoYellow bereits jeden Anzeigenpreisvergleich mit den eigenen Branchenseiten verbieten. Vor allem aber ist es die Farbe Gelb, die die Manager des Branchenriesen rotsehen lässt. Sie wollen GoYellow jede Ähnlichkeit mit den eigenen Bänden verbieten lassen. Seit Mai müssen Richter in Hamburg und Frankfurt daher der Frage nachgehen, ob das Gelb der Branchenbücher nun der Deutschen Telekom gehört oder ob es sich um eine allgemein verbreitete Tönung für derartige Verzeichnisse handelt, für die niemand ein exklusives Recht beanspruchen kann. Beide Seiten haben sich mit Gutachten gerüstet. Die Lage ist verworren: Das Frankfurter Landgericht untersagte dem Newcomer zunächst die Verwendung des Wortes "Gelb" im Namen, die Hamburger Richter erlaubten in zweiter Instanz zumindest die Nutzung des englischsprachigen Begriffs. Wieder vor Gericht in Frankfurt, geht es nun um den Hintergrundton auf der neuen Webseite. Hier hängt der Farbstreit fest, die nächste Entscheidung soll an diesem Donnerstag fallen.

In dem bizarren Kampf um Gelb geht es um handfeste wirtschaftliche Motive. Die Branchenseiten stellen für DeTeMedien (Umsatz rund 300 Millionen Euro) ein hochprofitables Geschäft in dreistelliger Millionenhöhe dar. Die - früher noch amtlichen - "Gelben Seiten", die in jährlichem Rhythmus bei Postfilialen und Tankstellen ausliegen, sind bei mehr als 90 Prozent der Bevölkerung bekannt. Und ein Synonym für Branchenverzeichnisse - ähnlich wie die Marke Tempo für Papiertaschentücher.

Wettbewerb bei den Branchenblättern konnte sich die Telekom bislang mit einer eigenwilligen Firmenstruktur vom Leib halten. Die Bücher werden mit einer Reihe von regionalen Verlagen herausgebracht. Für jedes Gebiet hat der zuständige Verlag mit DeTeMedien eine gemeinsame Firma gegründet. Nur die darf die "Gelben Seiten" verbreiten. Intern herrscht Arbeitsteilung: Die Telekom sammelt die Firmendaten, die Verlage schleppen die Inserenten heran. Dafür kassiert DeTeMedien angeblich knapp 30 Prozent der Einnahmen, die Verlage mit ihren Anzeigen-Koberern den Rest. Nur solange dieses Tandem-Monopol funktioniert, sind üppige Gewinne sicher. Kaum eine Branchengröße wagt es, in den örtlichen "Gelben Seiten" lediglich im alphabetisch geordneten Kleingedruckten aufzutauchen. Fast alle buchen Anzeigen. Und das, obwohl strittig ist, wie viele der fast 50 Millionen "Gelbe Seiten"-Exemplare, die jährlich gedruckt werden, überhaupt die Konsumenten erreichen. Die Telekom behauptet, die meisten ausgelegten Bücher würden abgeholt. In Postfilialen heißt es hingegen, Verzeichnisse landeten "containerweise im Altpapier".

Da gehörten sie heute auch hin, meint "GoYellow"-Gründer Harisch. Immerhin würden sich täglich an die 30.000 Daten ändern und die Bücher im Vergleich zum Internet alt aussehen lassen. Die Telekom bietet mittlerweile ebenfalls verstärkt entsprechende Web-Dienste an.

Um zu beweisen, dass die Farbe Gelb kein Symbol für Telekom-Bücher ist, sondern ein universelles Markenzeichen, schleppte Harisch vor Gericht neulich ein Branchenbuch aus Peking an. Es ist gelb. Bei Bedarf könne er nachlegen, meint er: Mit "Gelben Seiten" aus 84 weiteren Ländern. Ob das die Richter beeindruckt hat? Zumindest das ursprüngliche Hellgelb hat GoYellow auf seiner Internetseite bereits ersetzt - durch einen leicht orangestichigen Gelbton.

print