Indikatoren Widersprüchliche Konjunkturbarometer

Im Dickicht unterschiedlicher Konjunkturbarometer können Rückschlüsse auf die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung schwer fallen. Doch bei richtiger Deutung sind sie unerlässliche Instrumente für Prognosen.

Eben noch klettert der ifo-Geschäftsklimaindex auf ein Fünf-Jahres-Hoch, da zeigt der Indikator des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung schon wieder eine Stimmungseintrübung an. Experten jedoch stören sich nicht an der Vielfalt der Frühindikatoren und den scheinbar widersprüchlichen Ausschlägen. Bei richtiger Deutung seien sie unerlässliche Instrumente für Konjunkturprognosen, sagt der Chefvolkswirt der HypoVereinsbank, Jörg Krämer. "Was für Händler an den Finanzmärkten die technische Analyse, ist für die Volkswirtschaftler die Analyse der Frühindikatoren."

Ifo-Index besonders verlässlich

Zu den verlässlichsten Barometern gehört dabei für die Experten der Index des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. An diesem Donnerstag wird er wieder vorgelegt. Er bildet ab, wie monatlich rund 7000 befragte Unternehmen ihre gegenwärtige Situation und ihre Geschäftsaussichten in den kommenden Monaten beurteilen.

Zwar hat ifo-Chef Hans-Werner Sinn, der sein Institut mit der Veröffentlichung immer neuer Indikatoren für Weltwirtschaft, Eurozone und mit dem kürzlich vorgestellten Geschäftsklima Dienstleistungen zu vermarkten weiß, auch Kritiker. Doch Sinn verweise nicht zu Unrecht immer wieder auf die Fakten-Basis des ifo-Index aus Daten zu Auftragseingang, Lagerbeständen und Export, meinen Ökonomen. "Der ifo-Index beruht auf einer sehr breiten Erhebungsbasis und hat einen sehr differenzierten Fragenkatalog", sagt Rolf Schneider, Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Dresdner Bank. Die Konjunkturerholung in diesem Jahr sei schon früh durch den Index vorweggenommen worden.

Politik kann zyklische Ereigenisse beeinflussen

Anders war das 2003: Monat für Monat wuchs damals der Optimismus für künftigen Geschäftschancen, doch der erhoffte Aufschwung blieb aus. "Das kann man aber nicht als Fehlsignale beurteilen", sagt Volkswirt Matthias Rubisch von der Commerzbank. Politische und wirtschaftliche Einflüsse wie hohe Ölpreise und Irak-Krieg könnten zyklische Entwicklungen durcheinander bringen. Für die Veröffentlichung an diesem Donnerstag rechnen viele Experten nach dem überraschend kräftigen Anstieg im Oktober wieder mit einem leichten Rückgang des ifo-Index.

Auch auf den ersten Blick widersprüchliche Ausschläge unterschiedlicher Konjunkturbarometer lassen sich für Experten erklären. So basiert der ZEW-Indikator auf Einschätzungen von rund 300 Analysten und institutionellen Anlegern. Sie seien am Wirtschaftsgeschehen nur indirekt beteiligt, stützten sich auf allgemeine Konjunkturdaten und würden vor allem nach Veränderungen gefragt, sagt Rubisch. Selbst wenn die Konjunktur gut laufe, könne der Indikator schwach ausfallen. Für HVB-Chefvolkswirt Krämer allerdings könnte der ZEW-Indikator bereits die erwartete Konjunktur-Abschwächung zum Jahreswechsel andeuten.

GfK-Konsumbaromter hinkt hinterher

Das GfK-Konsumklima, das sich zuletzt spürbar aufhellte, hinke dagegen der realen Wirtschaftsentwicklung häufig deutlich hinterher. Denn den stärksten Einfluss auf Konsumlust und Zuversicht der Verbraucher hat die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Und der kommt meist erst Monate nach einem Konjunktur-Aufwärtstrend in Schwung.

Generell rät HVB-Chefvolkswirt Krämer dazu, für eine eingehende Analyse möglichst alle Frühindikatoren im Blick zu halten. "Man sollte alle hernehmen und einen Durchschnitt bilden." Und auch Schneider von der Dresdner Bank sieht positiv, dass es mehrere Analyse-Instrumente gibt, von einer Überfrachtung könne keine Rede sein. Auch für den Euroraum würde er sich aktuellere Indikatoren und eine einheitlichere Systematik wünschen. Denn zur Zeit seien Datenbasis und Methodik noch so vielgestaltig wie die EU selbst.

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Christine Schultze/DPA