Konjunkturerwartungen Spieglein, Spieglein an der Wand ...

Wie entwickelt sich die Konjunktur in Krisenzeiten? Auch die namhaften Wirtschaftsinstitute kennen auf diese Frage keine einheitliche Antwort. Während das IWH in Halle die deutsche Wirtschaft dramatisch um 4,8 Prozent schrumpfen sieht, macht das ZEW ein Ende des Absturzes aus. Nur in einem sind sich die Experten einig: Der Konsum ist "relativ stabil".

Nach der aktuellen Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 4,8 Prozent schrumpfen. Damit korrigierten die Experten ihre bisherige Vorhersage drastisch nach unten. Im Dezember waren sie noch davon ausgegangen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009 um 1,9 Prozent sinkt. Hoffnungslos scheint die Lage aber dennoch nicht zu sein. Denn laut dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hellt sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft auf. Die Experten sehen angeblich sogar ein Ende des Absturzes.

"Nach den Einschätzungen der Finanzmarktexperten geht die Talfahrt der Konjunktur allmählich zu Ende und die Talsohle dürfte im Sommer dieses Jahres erreicht sein", teilte das ZEW am Dienstag nach seiner jüngsten Umfrage mit. "Die Lage ist außerordentlich schlecht, aber es gibt erste Lichtblicke. Sie sollten jetzt nicht kaputtgeredet werden", kommentierte ZEW-Chef Wolfgang Franz die Angaben. Dagegen kann das IWH derzeit kaum Anzeichen für ein Abflachen des weltweiten Abwärststrends erkennen. Und das bedeutet: "Der Einbruch der Weltkonjunktur im Winterhalbjahr 2008/09 hat den Exportweltmeister Deutschland besonders getroffen, viel stärker als noch zum Jahresende erwartet", so das Hallenser Institut am Dienstag.

IWH: Export mit großen Problemen

Die Wirtschaftsforscher des IWH rechnen damit, dass die Exporte in diesem Jahr um 18 Prozent zurückgehen. Da sich die Krise nicht mehr nur auf einzelne Länder beschränke, könnten Nachfrageausfälle in der einen Region nicht mehr durch hohe Exportzuwächse in anderen Regionen kompensiert werden, hieß es. "Bereits in den vergangenen Monaten sind auch die Ausfuhren nach Mittel- und Osteuropa sowie in die asiatischen Schwellenländer abgestürzt." Bei den Importen rechnet das IWH mit einem Minus von 11,7 Prozent.

Die Produktion sei in diesem Winterhalbjahr regelrecht abgestürzt - und zwar so stark wie es seit Bestehen der Bundesrepublik noch niemals beobachtet worden sei, teilte das IWH weiter mit. Dies werde sich auch deutlich auf den Arbeitsmarkt auswirken. Die Arbeitslosenquote steigt der Prognose zufolge in diesem Jahr auf 8,1 Prozent und 2010 auf 9,5 Prozent. Bei der Zahl der Kurzarbeiter erwarten die IWH-Experten einen Höchststand von 1,8 Millionen.

Privater Konsum weitgehend stabil

Deutlich weniger dramatisch als die Ein- und Ausfuhren werden dem IWH zufolge die Ausgaben für den privaten Konsum sinken: nur um 0,6 Prozent. Die Privathaushalte würden auf mehreren Wegen entlastet, zum Beispiel durch den zur Jahresmitte fallenden Beitragssatz für die Krankenversicherung, höheres Kindergeld oder steigende Renten.

Der "sehr stabile" private Konsum hierzulande führt nach Ansicht des ZEW zu günstigen Erwartungen für Deutschland im März. Diese hätten sich erneut leicht verbessert, legten aber nicht mehr die Dynamik an den Tag wie dies in den vergangenen vier Monaten nach Erkenntnissen des Instituts der Fall war. Das ermittelte Stimmungsbarometer stieg im Vergleich zum Vormonat um 2,3 Punkte auf minus 3,5 Punkte (Vormonat: minus 5,8 Punkte). Damit liegt der ZEW-Index weiter deutlich unter dem historischen Mittelwert von plus 26,2 Punkten.

Nach ZEW-Angaben sehen die Experten der konjunkturellen Entwicklung insgesamt gelassener entgegen. Dazu beigetragen haben nach Einschätzung von ZEW-Chef Franz fallende Preise für Rohstoffe und Nahrungsmittel sowie die erneute Zinssenkung der Europäischen Zentralbank. Die Preisentwicklung sowie Steuervergünstigungen durch die erneute Gültigkeit der Pendlerpauschale tragen nach Überzeugung des neuen Chefs der Wirtschaftsweisen ebenso zum stabilen privaten Konsum bei.

Silberstreif am Horizont?

Die aktuelle Konjunkturlage in Deutschland hat sich nach Ansicht der befragten 291 Analysten im März stabilisiert. Der entsprechende Indikator sank nur geringfügig um 3,2 Punkte auf minus 89,4 Punkte. In den Vormonaten war der Indikator mitunter zweistellig ausgefallen.

Auch für die gesamte Eurozone setzt sich der positive Trend fort - allerdings deutlich schwächer als im Vormonat: Der Indikator stieg um 2,2 Punkte auf minus 6,5 Punkte. Der Wert für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum stieg im März um 0,3 Punkte und erreichte einen Wert von minus 90,7 Punkten.

DPA
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