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Offener Brief Lemonaid-Gründer über Lidl-Kopie: "Sie schmücken sich mit unseren Werten"

Lemonaid-Gründer Paul Bethke wehrt sich mit einer Social-Media-Kampagne gegen die Lidl-Kopie seiner Fairtrade-Limonade
Lemonaid-Gründer Paul Bethke wehrt sich mit einer Social-Media-Kampagne gegen die Lidl-Kopie seiner Fairtrade-Limonade
© Lemonaid/Kevin McElvaney
Discounter Lidl verkauft eine Limo, die der bekannten Fairtrade-Marke "Lemonaid" zum Verwechseln ähnlich sieht. Nun hat der Lemonaid-Gründer dem Lidl-Chef einen gepfefferten Brief geschrieben.

Lemonaid-Gründer Paul Bethke ist richtig sauer. Seit fast zehn Jahren kämpft der 37-Jährige mit seiner ungewöhnlichen Getränkefirma für eine bessere Welt. Seine Limonaden sind nicht nur Bio und Fairtrade - von jeder verkauften Flasche spendet Lemonaid auch noch einen Betrag von fünf Cent für einen guten Zweck. Bis heute schreibt die Firma aus dem Hamburger Stadtteil St.Pauli keine Gewinne, hat aber nach eigenen Angaben schon mehr als drei Millionen Euro gespendet.

Mittlerweile hat es das Indie-Label zu bundesweiter Bekanntheit gebracht, ist auf Festivals, in Bars und sogar bei Rewe und Edeka präsent. Und nun das: In den Regalen von Discounter Lidl tauchte vor einigen Wochen eine Limonade auf, die der von Lemonaid zum Verwechseln ähnlich sieht - aber nichts mit ihr zu tun hat. Die Flaschenform ist fast identisch, der Inhalt hat die gleiche Färbung und das Etikett ist so stark an den Stil von Lemonaid angelehnt, dass man kaum von Zufall ausgehen kann.

Offener Brief an Lidl-Chef

Daher hat Bethke dem Lidl-Chef Jesper Hojer einen offenen Brief geschrieben, der es in sich hat. Die Lidl-Limo sei eine Kopie von Lemonaid, heißt es in dem Schreiben, das dem stern vorliegt. "Gleiche Optik – gänzlich anderer Inhalt: kein Bio, kein Fairtrade, stattdessen viel Zucker, Farbstoffe und Säuerungsmittel – null sozialer Beitrag", schimpft Bethke. "Mit der Kopie von Lemonaid schmücken Sie sich mit unseren Werten, die Ihnen nicht zustehen. Sie täuschen derzeit Kunden, die mit dem Kauf einen sozialen Beitrag leisten wollen. Hierfür sind Sie verantwortlich."

In das Schreiben hat Bethke ein Zitat aus den Unternehmensgrundsätzen von Lidl eingefügt, in denen es heißt, Ziel sei es "Deutschland nachhaltigster Discounter" zu werden. Dazu schreibt Bethke: "Wir haben den einfachen Wunsch, dass Sie Ihre eigenen Statuten umsetzen. Dies wird jedoch nicht durch Täuschung wohlwollender Kunden erreicht."

Lemonaid-Gründer sieht "Konsumentenverwirrung"

Tatsächlich habe Bethke schon Mails von Kunden bekommen, die sich wunderten, dass es Lemonaid jetzt auch bei Lidl gebe, berichtet der Gründer im Gespräch mit dem stern. "Das ist Konsumentenverwirrung." Er appelliere an Lidl, die Fake-Lemonaid wieder aus dem Regal zu nehmen. Ein Lidl-Sprecher erklärte auf Anfrage des stern, die Vorwürfe seien dem Unternehmen nicht bekannt, daher wolle man sich dazu nicht äußern.

Möglicherweise sieht sich Lidl in den kommenden Tagen doch noch dazu gezwungen, etwas zu dem Thema zu sagen. Um den moralischen Druck zu erhöhen, plant Lemonaid eine Social-Media-Kampagne mit provokanten Motiven, die die Lidl-Werbung verballhornen. Die Lemonaid-Fans sollen aufgerufen werden, dem Discounter unter dem Hashtag "#lidlklontdich" ihre Meinung zu sagen.  

Motiv der Anti-Lidl-Kampagne von Lemonaid
Motiv der Anti-Lidl-Kampagne von Lemonaid
© Lemonaid
Die Lidl-Limo sieht aus wie die Lemonaid-Maracuja, enthält aber keinen Maracuja-Saft, sondern 3 Prozent Orange und 0,1 Prozent Passionsfrucht
Die Lidl-Limo sieht aus wie die Lemonaid-Maracuja, enthält aber keinen Maracuja-Saft, sondern 3 Prozent Orange und 0,1 Prozent Passionsfrucht
© Lemonaid

Keine juristische Handhabe

Juristisch sieht Bethke dagegen keine Handhabe. Nachahmung sei in Deutschland eben erlaubt, ob das nun moralisch verwerflich sei oder nicht. Diese Erfahrung musste Lemonaid bereits in der Vergangenheit machen, denn es ist nicht das erste Mal, dass ein Konkurrent das Design der Marke kapert. Auch der "Charitea", eine Eistee-Reihe der Hamburger Firma, wurde bereits geklont. Und zwar von einem Safthersteller, mit dem Bethke kurz zuvor noch Gespräche über eine Zusammenarbeit bei der Abfüllung geführt hatte. Aus der Kooperation wurde nichts, stattdessen brachte die Firma aus Süddeutschland seine eigene Version des Trend-Eistees heraus.

Das gleiche Schicksal ereilte auch schon andere kleine Trendmarken. So beklagte das Marmeladen-Start-up "Smuus" Anfang des Jahres im ARD-Magazin "Plusminus", seine Produkte seien von Rewe unter dem Namen "Oh my Smooth" kopiert worden. Produziert wird die Rewe-Eigenmarke von einer Tochterfirma des Marmeladenriesen Zentis. Bei Zentis hatte die Smuus-Gründerin Negin Pakravesh ihr Produkt kurz zuvor - erfolglos - mit einer Verkostung vorgestellt.

Update: In einer zweiten Stellungnahme erklärt Lidl, bei der Limonade handle es sich "um ein Aktionsprodukt, das Mitte Juli für einen begrenzten Zeitraum in einigen Regionen Deutschlands erhältlich war und mittlerweile nicht mehr in unseren Filialen angeboten wird." Mit dem Design des Produkts habe man "dem Wunsch des Kunden nach einer modernen, ansprechenden Verpackung entsprochen, die verwendeten Zutaten deklarieren wir deutlich auf der Flasche."

Disclaimer: Die Motive der Lemonaid-Kampagne wurden von der Agentur Honey gestaltet, an der Gruner+Jahr beteiligt ist. Der stern gehört ebenfalls zu Gruner+Jahr.

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