Ganz witzig ist er ja, der neue Spot mit Boris Becker. Ausgerechnet der von chronischen Geldproblemen geplagte Ex-Tennisstar steht da nach einem erfolgreichen Pokerabend im Elektromarkt, um seine neue Geldzählmaschine abzuholen. "Ääh, wie sieht's denn aus mit Bezahlen?", fragt der Saturn-Mitarbeiter vorsichtig. "Zurzeit am liebsten bar", antwortet Boris und wirft mit großer Geste ein Bündel Scheine auf den Tresen.
Der Werbespot ist Teil einer großen Werbekampagne, mit der die Elektromärkte Saturn und Media Markt kurz vor Beginn des Weihnachtsgeschäftes deutlich machen wollen, dass sie auch noch da sind. Trotz Amazon und all der anderen Onlinehändler, bei denen man heutzutage Technik im Netz günstig bestellen kann.
Erstmals lässt die Betreibergesellschaft Media-Saturn nun seine beiden eigenständigen Schwestermarken in einer gemeinsamen Werbekampagne gegeneinander antreten. Unter dem Slogan "Deutschland will's wissen" erklären Kunden, warum Saturn oder Media Markt besser sei. Zu den Testimonials zählen neben Boris Becker auch Barbara Schöneberger, Sänger Pietro Lombardi, Schuldnerberater Peter Zwegat sowie die Youtuber Bibi und Julien Bam.
Servicegedanke statt "Geiz ist geil"
Den "Geiz ist geil"-Sound sucht man in der neuen Kampagne vergebens. Denn dass man Technik woanders meist günstiger bekommt, dürften die meisten Kunden mittlerweile mitbekommen haben. Die neue Strategie lautet daher: Die Kunden davon überzeugen, dass der gute Service ein Grund ist, den beiden Elektrohandels-Schlachtschiffen als Kunde treu zu bleiben. "Mit dieser Kampagne setzen wir auf eine Stärkung unserer Markenimages und wollen zugleich die Wahrnehmung unserer Multichannel- und Serviceleistungen steigern", sagt Florian Gietl, der Deutschland-Chef von Media-Markt Saturn.
Übersetzt bedeutet dies: Media Markt und Saturn wollen zeigen, dass es sich lohnt, mal wieder beim guten alten Elektromarkt vorbei zu schauen. So wie Boris, der den per Smartphone bestellten Geldzähler im Markt abholt und mit dem Pokergewinn bar bezahlt. "In unserer neuen Kampagne wollen wir auch unsere Stärke beim Thema Services besser vermitteln – was wir in dieser Konsequenz bisher nicht getan haben", sagt Gietl im Interview mit Horizont. Dazu zählt er neben der Möglichkeit, online Bestelltes selbst abzuholen, vor allem auch den umfangreichen Reparaturservice - von der neuen Nadel für den Plattenspieler bis zur Reparatur des Kaffeevollautomaten.
Interner Zoff in der Führungsetage
In der Tat muss sich das Unternehmen überlegen, wie es in Zukunft bestehen will. Vor zwei Jahren wurden die beiden Elektroketten aus dem Metro-Konzern herausgelöst und agieren seither unter dem Namen Ceconomy als eigenständiges Unternehmen. Eigentlich sollte die Unabhängigkeit vom Lebensmittelgeschäft der Metro dazu dienen, auf dem Elektroniksektor verlorenes Terrain zurückzugewinnen und insbesondere beim Onlinegeschäft aufzuholen. Doch stattdessen ist Ceconomy seitdem vor allem mit lähmenden internen Querelen beschäftigt.
So wurden Anfang 2019 gleich 16 Manager aus der obersten Führungsetage ausgewechselt. Das kostete den Konzern rund 34 Millionen Euro an Abfindungen. Allein der frühere Vorstandschef, Pieter Haas, bekam 11,2 Millionen Euro für seinen Abgang.
Doch der große Umbau war damit nicht zu Ende: Der erst Anfang März installierte Ceconomy-Chef Jörn Werner wurde bereits Mitte Oktober wieder entlassen. Er hatte ein umfangreiches Sparprogramm angestoßen, aber den Machtkampf um Kompetenzen mit dem Chef der Media-Saturn-Holding, Ferran Reverter, verloren, der das operative Geschäft befehligt. Die Demission Werners wiederum brachte den einflussreichsten Minderheitsgesellschafter, die Familienholding des verstorbenen Media-Markt-Gründers Erich Kellerhals, auf die Palme. Der Posten des Ceconomy-Chefs ist nun lediglich kommissarisch für zwölf Monate vom bisherigen Aufsichtsrat Bernhard Düttmann besetzt.
An der Börse abgestürzt
Das alles verzögert einen zukunftsweisenden Umbau des Konzerns, der immerhin rund 60.000 Mitarbeiter beschäftigt. Das Onlinegeschäft des Unternehmens wuchs im Frühjahrsquartal von April bis Juni gerade mal um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Ceconomy-Aktie hat in den letzten sechs Monaten ein Viertel ihres Wertes verloren.
Um das Ruder herumzureißen, werden ein paar lustige Spots mit Boris, Barbara und Bibi natürlich nicht reichen. Dennoch hält es Deutschlandchef Gietl "nach den Monaten der Unruhe" für wichtig, dass "wir mit der Kampagne wieder für Klarheit sorgen" und auch deutlich zeigten, "dass beide Marken – Media-Markt und Saturn – Teil der Zukunft dieses Unternehmens sein werden", wie der Manager Horizont sagte.
Gleichzeitig ignoriert die Kampagne aber auch konsequent das eigentliche strategische Problem des Unternehmens. Schließlich müsste Media-Saturn eigentlich nicht seine beiden Elektromärkte gegeneinander antreten lassen, sondern zum Angriff auf Amazon und Co. blasen.