Wenn er seine Drohung wahr macht und im Herbst 1,6 Milliarden Euro für seine Investitionen in Leo Kirchs Bezahlsender Premiere zurückfordert, kann er das Kirch-Imperium ins Wanken bringen. Denn dieses Geld kann Leo Kirch trotz seiner kurzfristigen Verschnaufpause bei der Lösung seiner Finanzprobleme kaum aufbringen. »Murdoch sitzt am Hebel«, sagt ein Branchenkenner. Seine Machtposition nutzt der 70-Jährige genüsslich aus. Anfang der Woche soll sich sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder Zeit genommen haben, um mit ihm in Berlin über die Situation bei der KirchGruppe zu sprechen. Nach Einschätzung von Branchenkennern wittert Murdoch nach vielen Fehlschlägen nun endlich die Chance, in großem Stil auf dem deutschen Medienmarkt einzusteigen.
Der erste Schritt
Die vollständige Übernahme von Premiere wäre dabei nur der erste Schritt. Auch in anderen Ländern hat Murdoch klein angefangen und sich dann schnell breit gemacht. Aus einem kleinen australischen Zeitungsverlag hat er mit dieser Strategie in vier Jahrzehnten einen der größten Medien- und Unterhaltungskonzerne der Welt mit einem Umsatz von schätzungsweise mehr als 30 Milliarden Dollar geschaffen. Für Außenstehende ist das Geflecht aus Firmen und Beteilungen seines Konzerns News Corp nur noch schwer zu durchschauen.
Sogar Kanzler getroffen
Genau wie sein langjähriger Geschäftspartner Leo Kirch gilt Murdoch als äußerst gewiefter Geschäftsmann, der sich nicht gern in die Karten schauen lässt. »Er sagt immer genau das Gegenteil von dem, was er macht«, sagt ein Insider. Gesagt hat er zuletzt, dass er kein weiteres Geld in die KirchGruppe stecken will und seine Investitionen für Premiere im Herbst zurückfordern will. Doch sein überraschender Besuch in Berlin spricht eine andere Sprache. Im Gespräch mit dem Kanzler hat Murdoch nach Informationen der »Süddeutschen Zeitung« versucht, die Ängste vor seinem Eintritt in den deutschen Medienmarkt zu zerstreuen. Das Kanzleramt will sich nicht dazu äußern. »Die Bundesregierung nimmt dazu keine Stellung«, sagte ein Sprecher am Donnerstag.
Poker geht weiter
Um München machte Murdoch bei seinem Deutschland-Besuch aber einen Bogen. Mit der KirchGruppe wollte der 70-jährige offenbar nicht selbst sprechen. In den vergangenen Monaten nutzte er lieber Zeitungsinterviews, um seine Botschaften an die KirchGruppe zu senden. Im Januar klang er noch freundlich. »Wir wären interessiert, sein Partner in verschiedenen Aktivitäten zu sein. Wir stehen bereit zu helfen«, sagte Murdoch der »Welt am Sonntag«. Drei Wochen später schlug er ganz andere Töne an. Über die »Financial Times« kündigte er die Geschäftsbeziehungen mit Kirch. »Ich weiß nicht, wie wir unsere Beziehungen weiter führen sollen, ohne noch mehr Geld hinein zu stecken. Dazu aber sind wir nicht bereit.« Branchenkenner gehen davon aus, dass er Kirch damit stärker unter Druck setzen wollte. Aber Murdoch hat sich sicher nicht zum letzten Mal in dem Kirch-Krimi zu Wort gemeldet.
Daniela Wiegmann