Diese fünf werden vor dem Münchner Landgericht auf der Anklagebank sitzen: Rolf Breuer, 77, Ex-Vorstandschef. Josef Ackermann, 67, Ex-Vorstandschef. Clemens Börsig, 66, Ex-Aufsichtsratschef. Tessen von Heydebreck, 70, Ex-Vorstand und Jürgen Fitschen, der amtierende Co-CEO, 66.
Es ist, als würde ein Mann nicht mehr loslassen: Leo Kirch. Seit mehr als zwölf Jahren verfolgt er die Bank nun schon. 2002 hatte der damalige Bankchef Rolf Breuer vor laufender Kamera an der Kreditwürdigkeit des mittlerweile verstorbenen Medienunternehmers Kirch gezweifelt, der Kunde der Bank war. Kirch war wenig später insolvent und sagte: "Erschossen hat mich der Rolf." Der Rechtstreit um Schadenersatz endete 2014, die Parteien schlossen einen Vergleich, die Bank zahlte 925 Millionen Euro.
Der Prozess: Fünf Banker unter Betrugsverdacht
Doch Oberstaatsanwältin Christiane Serini ermittelte weiter. Im März wurde die Anklage zugelassen. Der Vorwurf: versuchter Betrug in einem besonders schweren Fall. Die vier Ex-Banker sollen 2011 vor Gericht falsch ausgesagt und sich abgesprochen haben. Jürgen Fitschen, damals schon Vorstandsmitglied, soll zwar nicht gelogen haben, er habe sich aber durch seine Aussage laviert und die Anwälte der Bank und die Mitangeklagten nicht davon abgehalten, falsche Angaben zu machen. Wie alle Angeklagten bestreitet er die Vorwürfe. Fitschen sagte dem stern: "Ich war ja aufrichtig. Und ich verstehe den Vorwurf nicht: Hätte ich den anderen verbieten sollen, ihre Sicht der Ereignisse vorzutragen?"
Es sind Prozesstage bis in den September angesetzt, den Angeklagten drohen bis zu fünf Jahre Haft. Und in der Bank geht die Angst um: Was, wenn sich die fünf auch noch gegenseitig zerlegen? Fünf Männer, von denen einige noch alte Rechnungen miteinander offen haben. Jeder vertreten durch eine der führenden Kanzleien des Landes. Jeder mit eigener Strategie. Wie reagiert Ackermann, wenn sein alter Widersacher Börsig anfangen sollte gegen ihn zu keilen? Was macht von Heydebreck, der schon gesagt hat, er könnte sich für sein Verhalten im ersten Prozess "steinigen"? Die Chancen stehen gut, dass es wirklich einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der Justizgeschichte wird.
Die neue Strategie: Was kann diese Bank noch retten?
Fest steht: Sie müssen etwas ändern, radikal. Die beiden Chefs sind weit entfernt davon, ihre Rendite-Ziele zu erreichen. Immerhin konnte die Bank im ersten Quartal trotz Strafzahlungen (siehe Libor) einen Gewinn verbuchen. 559 Mio. Euro waren es, halb so viel wie im vergangenen Jahr. Die Kosten für Bankenregulierung, für 6000 Prozesse in aller Welt, die niedrigen Zinsen – das alles schmälert den Gewinn. Die Großaktionäre drohen, dass etwas Großes passieren müsse, sonst könnten Fitschen und Jain bald weg sein.
Ist die neue Strategie nun etwas Großes? Die Chefs wollen die Tochter Postbank mit ihren fast 14 Millionen Privatkunden verkaufen, entweder komplett oder in Form von Aktienpaketen an der Börse. Der Anteil der Deutschen Bank an der Postbank soll in jedem Fall von 94,1 Prozent auf unter 50 Prozent sinken. Außerdem wollen sie weiters sparen, auch im Investmentbanking und Filialen schließen. So gab es die Bank am Freitag bekannt. Am Montag legte das Geldhaus nach: Jährlich sollen 3,5 Milliarden Euro eingespart werden. Die Aufsichtsräte haben der neuen Strategie einstimmig zugestimmt. Am 21. Mai soll sie dann den Aktionären zur Abstimmung vorgelegt werden.
Die Libor-Affäre: 2,5 Milliarden Dollar Strafe
Keine Bank weltweit musste bisher so viel zahlen wie „the Deutsche“: Die Aufsichtsbehörden in Großbritannien und den USA haben vergangene Woche im Libor-Skandal eine Strafe von 2,5 Milliarden Dollar verhängt. Das ist deutlich mehr als vorher vermutet worden war.
Händler führender Banken wie auch der Britischen Barclays, der Royal Bank of Scotland oder der Schweizer UBS hatten ihren Instituten jahrelang Vorteile dadurch verschafft, dass sie den internationalen Referenzzinssatz Libor nach Gutdünken mal höher, mal niedriger festlegten. "Über Jahre haben Mitarbeiter der Deutschen Bank rund um den Globus illegal Zinssätze manipuliert", erklärte das US-Justizministerium. Wie auch schon in anderen Fällen kritisierten die Behörden, dass die Bank die Aufklärung der Vorwürfe mit Fehlinformationen und Verzögerungstaktik behindert habe. Schon Ende 2013 verhängte die EU-Kommission in der Libor-Affäre eine Strafe von 725 Mio. Euro gegen Deutschlands größtes Geldinstitut.
Der CO2-Emissionrechte-Handel: Ermittler vermuten Steuerbetrug
Kriminelle Banden sollen sich gegenseitig Verschmutzungs-Zertifikate verkauft und den deutschen Staat damit um mindestens 800 Millionen Euro Umsatzsteuer betrogen haben. Das nennt man "Umsatzsteuerkarussell". Und mit dabei: die Deutsche Bank. So vermuten es zumindest die Ermittler der hessischen Generalstaatsanwaltschaft. Sie ermitteln seit 2009 und untersuchen derzeit rund 25 Mitarbeiter des Konzerns. Bald könnte Anklage erhoben werden. Auch Co-Chef Jürgen Fitschen und Finanzvorstand Stefan Krause gehören zu den Verdächtigen, denn sie haben 2009 die Steuererklärung der Bank unterschrieben.
Am Freitag berichtete der "Spiegel" über interne Papiere der Bank, die auch Co-Chef Anshu Jain in Bedrängnis bringen könnten. Es solle Emails geben, die darauf hinweisen, dass Mitglieder des Vorstands und der zweiten Führungsebene schon 2009 wussten, dass es Betrugsrisiken im Handel mit CO2-Zertifikaten gibt. Die Geschäfte liefen noch bis 2010. Welche Risiken genau bekannt waren, blieb aber unklar. Es wäre das erste Mal, dass einer der vielen Skandale Jain persönlich erreicht. Er steht seit Beginn seiner Zeit als Vorstandschef in der Kritik, weil er als früherer Chef der Investmentbanker genau die Sparte leitete, in der es den Großteil der Exzesse und Betrügereien gab.