Klein und sexy oder überteuerter Müll? Wenn es nach den Verkaufszahlen geht, ist die Antwort klar: Die Firma Apple liegt im Trend. Ihr Wachstum ist kaum zu stoppen. Nicht mal durch die Wirtschaftskrise. Mehr als 2,5 Millionen Geräte wird sie in diesem Quartal verkaufen - damit rechnet zumindest die amerikanische Bank Piper Jaffray und sagt damit einen neuen Absatzrekord voraus. Andere, wie das Marktforschungsinstitut NPD Group halten sogar monatliche Verkaufssteigerungen von 30 Prozent für realistisch.
Bei Markennamen schlagen die Gefühle aus
Die Marke Apple zieht. 5,3 Milliarden Dollar ist allein ihr Name wert und vielen Marketing-Experten gilt sie längst als Paradebeispiel für emotionale Kundenbindung - die Marke als Ausdruck des eigenen Lebensgefühls. Was wie ein verklärter Begriff aus dem Werbedeutsch klingt, ist wissenschaftlich belegt. Seit Jahren beschäftigt sich die Universität Konstanz schon mit der Wirkung von Marken. Allein ihr Anblick löse im Gehirn so starke Reaktionen aus, dass rationale Entscheidungen schwer würden.
In ihren Versuchen zeigten die Forscher den Testpersonen Logos bekannter, sowie unbekannter Marken und beobachteten die chemischen Reaktionen im Gehirn. "Immer dann, wenn die Menschen einen Bezug zur Marke hatten, wurden die Regionen besonders aktiv, die für die Gefühle zuständig sind. Der Hirnbereich Anteriores Circulum, der uns hilft, rationale Entscheidungen zu treffen, hingegen war vergleichsweise schwach", sagt Julia Stefanides, Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der zuständigen Forschungsstelle für Business Metrics. "Bei weniger bekannten Produkten stellten wir das genaue Gegenteil fest." Die Schlussfolgerung der Forscher: Marken wecken nicht nur die Gefühle der Konsumenten - sie lassen diese auch über Kriterien wie Preis oder technische Qualität hinwegsehen.
Intensive Konsumforschung
Ein Traum für Hersteller, vor allem im technischen Bereich, wo seit Jahren ein Preis- und Innovationskampf tobt, und gleichzeitig auch ein Problem: Denn an die wahren Gefühle und Bedürfnisse der Konsumenten heran zu kommen, ist schwer. Dabei helfen Firmen wie die von Thomas Strätling, Chef der Gesellschaft für Konsumforschung. In langen Interviewreihen versuchen sie, ein klares Bild von den Käufern zu bekommen. Bezahlt wird das von den Unternehmen. "Wir unterhalten uns mit jedem mehr als zwei Stunden, denn sonst kriegt man nur die halbe Wahrheit. Ob jemand gerne faul oder manchmal etwas gierig ist, findet man mit einfachen Meinungsumfragen nicht heraus", sagt Thomas Strätling.
Die Gespräche in den Teststudios werden von Psychologen geführt - beobachtet von weiteren Forschern, die die Gespräche verborgen hinter einer Spiegelwand verfolgen. "Manchmal zeigen wir den Testpersonen Bilder, manchmal sollen sie die Produkte anfassen oder aus ihrem Alltag erzählen", sagt der Kommunikationsforscher. Die Fragen, die ihm die Unternehmen auferlegen, sind vielfältig: Sind die Kunden bereit, für umweltbewusste Technologien mehr Geld auszugeben? Wie viel Wert legen sie auf gute Ernährung oder ganz speziell: Gibt es bei über 40-Jährigen Frauen einen Markt für Buttermilch?
Je teurer, desto begehrter
"Wir sehen vor allem eines: Wenn eine Marke Erfolg haben will, muss sie eine Geschichte erzählen", sagt Strätling, der sich zuletzt auch mit den Produkten von Apple beschäftigt hat. Seine Erkenntnisse und die der Universität St. Gallen passen gut zusammen. "Den Leuten kommt es hier gar nicht auf rationale Argumente an."
Ein Beispiel: Der neue 13-Zoll Laptop "Macbook". 1200 Euro kostet das Gerät im Handel - dafür bekommt man eine Prozessorleistung von zwei Gigahertz und zwei Gigabyte Arbeitsspeicher. Vergleichbare Systeme anderer Hersteller gibt es schon für weit unter 1000 Euro. "Das Paradoxe ist: Je teurer die Produkte sind, desto begehrter sind sie", sagt Kommunikationsforscher Strätling. "Apple hat es geschafft, rationale Eigenschaften wie Preis oder technische Ausstattung in den Hintergrund treten zu lassen. Stattdessen geht es den Konsumenten primär um die Geschichte der Marke und wofür sie steht.
Vom Underdog zum Mainstream
Die "Geschichte" der Marke Apple ist schnell erzählt: Sie handelt von gescheiterten Versuchen, sich auf dem Massenmarkt zu etablieren, dem ewigen Kampf gegen den übermächtigen Rivalen Microsoft und einem Mann: Steve Jobs, dem Unternehmenschef. "Das spielt bei den Kunden schon eine ganz starke Rolle", sagt Thomas Strätling. "Wer in der Vergangenheit Apple gekauft hat, zeigt, dass er ein Revoluzzer ist - einer, der sich von der Masse absetzt."
Seinen Auftraggebern rät Strätling deshalb, der eigenen Marke ebenfalls eine Botschaft zu verleihen. Auch so könne man Emotionen wecken. "Bei McDonalds oder Coca-Cola war das schon zum Beispiel jahrelang der reuelose Genuss. Ihr Versprechen war praktisch: "Irgendwann braucht der innere Schweinehund auch mal eine richtige Sauerei und bei uns bekommst Du Sie‘", sagt Strätling. "Das funktioniert in der heutigen Zeit heute natürlich nicht mehr, deshalb müssen sie jetzt umdenken."
Das gilt auch für Apple, denn ihr Konzept der revolutionären Nischenfirma hat sie zum Hersteller von Massenware gemacht. "Diesen Widerspruch muss Apple in der Zukunft versuchen, zu lösen", sagt Strätling. "Aber erst in einigen Jahren - im Moment funktioniert das Geschäft ja richtig gut."