Volkswagen fürchtet aufgrund des Porsche-Kaufs um sein Kreditrating. Der Autobauer prüft die Porsche-Übernahme durch eine vier Milliarden Euro schwere Kapitalerhöhung abzusichern. Die Struktur des neuen VW-Porsche-Konzerns soll bis Mitte August feststehen. Europas größter Autobauer wolle mit einem solchen Schritt sein Kreditrating wahren, erfuhr die "Financial Times" aus Konzernkreisen. Ein VW-Sprecher lehnte einen Kommentar ab.
Der VW-Aufsichtsrat hatte vergangenen Donnerstag sein Plazet zu einem schrittweisen Einstieg bei Porsche gegeben. Nach FTD-Informationen wollen die Wolfsburger zunächst die Hälfte des Sportwagenbauers kaufen und 2011 schließlich den Rest. Schätzungen zufolge soll der Kaufpreis bei acht Milliarden Euro liegen.
Angesichts der Barreserven von elf Milliarden Euro kann VW die Übernahme grundsätzlich stemmen. Die Wolfsburger fürchten jedoch, dass die hohe Verschuldung von Porsche das eigene Kreditrating gefährdet - zumal Moody's das solide VW-Langfristrating von "A3" schon im Mai unter Beobachtung gestellt hatte. Wie "Spiegel" und "Focus" am Wochenende berichteten, sind die Schulden von Porsche höher als angenommen. Sie liegen demnach bei 14 Milliarden Euro.
Familien wollen über 50 Prozent Beteiligung
Die Struktur des neuen VW-Porsche-Konzerns soll bis Mitte August feststehen. Die Familien Porsche und Piëch streben eine Beteiligung von über 50 Prozent an, könnten den FT-Informationen aber letztlich unter 40 Prozent landen.
Das Land Niedersachsen versucht derweil, seinen Einfluss im künftigen Konzern festzuzurren. Das Vetorecht, mit dem Hannover wichtige Entscheidungen blockieren kann, werde dauerhaft festgeschrieben, sagte ein Regierungssprecher. Seinen Angaben zufolge hat sich Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) darauf bereits mit den Eignerfamilien Porsche und Piëch verständigt. Eine Bestätigung dafür war von den Familien nicht zu erhalten.
Die niedersächsischen Sonderrechte gründen auf dem VW-Gesetz. Dieses räumt dem Land, das ein Fünftel der Aktien besitzt, eine Sperrminorität ein. Darüber hinaus garantiert das EU-weit einzigartige Gesetz den Arbeitnehmern weitreichende Mitspracherechte, etwa bei der Verlagerung von Produktionsstätten. Diese Regeln sollen künftig auch für die Beschäftigten von Porsche gelten.
Die Bestimmungen des VW-Gesetzes sind auch in der Konzernsatzung festgeschrieben. Gegner argumentieren jedoch, dass die Satzung unter politischem Druck zustande gekommen und deshalb hinfällig sei, sobald das VW-Gesetz kippe. Erkennen die Porsches und Piëchs die Satzung jedoch explizit an, fehlt dieser Argumentation die Grundlage: Das Vetorecht des Landes bliebe folglich unabhängig vom VW-Gesetz in Kraft.
Recht auf Aufsichtsräte soll erneuert werden
Darüber hinaus soll eine weitere Sonderregel, die durch die Novelle des VW-Gesetzes eigentlich abgeschafft worden war, reaktiviert werden. Demnach hat das Land das Recht auf zwei Aufsichtsratsposten. Die Hauptversammlung soll den entsprechenden Beschluss schon im Oktober fassen, verlautete aus Kreisen des Kontrollgremiums.
Porsche hatte lange Zeit auf den Fall des VW-Gesetzes spekuliert und seinen Anteil an den Wolfsburgern auf über 50 Prozent gesteigert. Ohne das Veto Niedersachsens hätten die Schwaben Zugriff auf die Barreserven von VW gehabt - und den Kauf damit finanzieren können. Die Strategie schlug jedoch fehl, und VW übernahm seinerseits den überschuldeten Sportwagenbauer.