Nach den Terroranschlägen werden die Menschen in den USA und in Europa Experten zufolge den Konsum höchstens kurzfristig einschränken. »Ich kann mir in den USA durchaus eine Trotz-Reaktion vorstellen: 'Wir lassen uns so unseren Lebensstandard nicht einschränken'«, sagte der Chefvolkswirt der Dresdner Bank, Klaus Friedrich. Rolf Bürkel von der Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) sagte, es dürfte wohl eine Delle beim Verbrauchervertrauen geben: »Solche Ereignisse treffen die Verbraucherstimmung, das ist messbar.« Dies wird aber nur vorübergehend sein, erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). »Der Mensch ändert nicht kurzfristig sein Verhalten«, sagte DIW-Experte Jochen Schmidt.
'American way of Life' beibehalten
Das Konsumverhalten könnte auf Dauer nur leiden, wenn Gegenschläge der USA zu einer Krise führen, sagte Friedrich. »Ich kann mir sogar eine 'Jetzt erst Recht Reaktion' in Amerika vorstellen«. Die Anschläge werden auch als Angriff auf den »American way of Life« gesehen, den sich die Amerikaner nicht verbieten lassen wollen. »Ein Produkt hat schon Hochkonjunktur, das ist die amerikanische Fahne«, sagte Friedrich. »Die Verbraucherpsychologie wird jedenfalls wieder den Stand vor der jetztigen Situation erreichen.«
Steigt Ölpreis durch Gegenschlag?
Auch in Europa wird sich der Anschlag nur auswirken, wenn der Ölpreis durch US-Gegenschläge stark stiegt. Derzeit schwächt sich der Preisauftrieb in Europa aber ab, was für den Konsum positiv ist, sagte Friedrich. Hypo-Vereinsbank-Volkswirt Thomas Hueck meinte, selbst beim Golfkrieg Anfang der 90er-Jahre hätte der Ölpreis nur für wenige Wochen extrem reagiert. Er erwartet daher nur vorübergehende Auswirkungen durch die Anschläge: »Kurzfristig werden jetzt alle ökonomischen Aktivitäten zurückgefahren.« Da die weltwirtschaftliche Lage ohnehin labil ist, könnte dies im schlimmsten Fall sogar zur Rezession führen und sich die Erholung der Wirtschaft so verzögern. Für viel wahrscheinlicher hält er aber eine schnelle Rückkehr zur Normalität. »Verdrängen und Vergessen liegt in der Psyche des Menschen«, sagte Hueck.
Ölpreis ist der Schlüssel
GFK-Experte Bürkel sieht im Ölpreis ebenfalls einen Schlüssel für das Verhalten der Verbraucher: »Der Benzinpreis ist ein Signalpreis in Deutschland.« Dessen Entwicklung hängt aber von den erwarteten Gegenschlägen der USA ab. »Die Konsumneigung wird sich zunächst ein bisschen abschwächen«, sagte Bürkel voraus. Sie wird sich aber voraussichtlich in Deutschland schnell normalisieren, da die Ereignisse weit entfernt sind. Bürkle räumte ein, dass Vorhersagen für das Verhalten in den USA schwieriger sind, da amerikanische Zivilisten erstmals unmittelbar von einem Anschlag diesen Ausmaßes betroffen wurden. »Das ist eine andere Dimension.«
Langlebige Konsumgüter zurückgestellt
Die Menschen stellen bei Verunsicherung gewöhnlich zunächst den Kauf langlebiger Konsumgüter zurück. Dies können Bürkel zufolge etwa Wohnungseinrichtungen, Haushaltsgeräte oder auch Autos sein. Auf Urlaubsreisen wird dagegen kaum verzichtet. Die USA würden von einem Konsumrückgang besonders getroffen, da hier die Binnennachfrage zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. In Deutschland ist es nur die Hälfte. Über den Export etwa von Autos ist man aber wiederum stark von der US-Nachfrage abhängig.
Nach Aussage von DIW-Experte Schmidt sind derzeit aber keine Auswirkungen auf Deutschland zu erwarten. »Das sollte man nicht überschätzen.« Positiv ist zudem, dass die Notenbanken einer Kaufzurückhaltung mit billigem Geld entgegen wirken.
Markus Wacket