Die Änderungen am EU-Lieferkettengesetz haben im Europaparlament die nächste Hürde genommen. Die Abgeordneten stimmen in Straßburg für abgeschwächte Regeln, die für weniger Firmen gelten sollen. Darauf hatten sich Vertreter aus dem Parlament zuvor mit dem Rat der 27 EU-Länder geeinigt. Die Vorgaben werden zudem ein weiteres Mal verschoben.
Worum geht es beim Lieferkettengesetz?
Ursprünglich sollte das Gesetz Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in ihrer Lieferkette in die Pflicht nehmen. Firmen sollen dafür Angaben zu ihren Lieferanten an die Behörden melden – ob zu den Bedingungen in einer Näherei in Bangladesch, einer Kakaoplantage in Brasilien oder einer Rohstoffmine in der Demokratischen Republik Kongo.
Greift das Gesetz schon?
Nein. Das Gesetz war im Frühjahr 2024 beschlossen worden, betroffenen Unternehmen blieb aber Zeit zur Vorbereitung. Nach einem ersten Aufschub galt ein Stichtag im Juli 2028. Nun soll das Gesetz ein weiteres Mal verschoben werden, Unternehmen müssen sich auf den 26. Juli 2029 einstellen.
Grund für die weitere Verschiebung sind nach Angaben aus dem Europaparlament die Änderungen am Gesetzestext, die auf Druck zahlreicher Wirtschaftsverbände ausgehandelt wurden. Die 27 EU-Regierungen brauchen demnach mehr Zeit, die veränderten europäischen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen – also bekommen auch die Unternehmen mehr Zeit.
Was ändert sich?
Die Regeln sollen weniger Firmen betreffen. Die Schwelle soll auf 5000 Beschäftigte und einen weltweiten Jahresumsatz von mindestens 1,5 Milliarden Euro steigen, von bislang 1000 Beschäftigten und einem Umsatz von 450 Millionen Euro.
Die Unternehmen sollen außerdem weniger Informationen liefern müssen. So sollen Firmen grundsätzlich nur dort nachforschen müssen, wo sie ein hohes Risiko für Verstöße vermuten. Zudem sollen sie sich auf Informationen verlassen, die "annehmbarerweise verfügbar" sind – sie sollen von ihren Lieferanten also kaum zusätzliche Informationen anfordern.
Ebenso soll eine EU-weite Haftung für Verstöße gegen das Gesetz gestrichen werden. Damit hängen Entschädigungen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung von den Gerichten in den unterschiedlichen EU-Staaten ab. Verstöße sollen Unternehmen ein Bußgeld von maximal drei Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes kosten.
Wer ist für die Änderungen?
Im Europaparlament hatte sich im Vorfeld der Verhandlungen mit den Regierungen der EU-Staaten eine rechte Mehrheit durchgesetzt. Fast alle Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU stimmten dafür, ebenso wie alle anwesenden Politiker der Rechtsaußenfraktionen EKR, PfE und ESN, der die AfD angehört. Außerdem stimmten unter anderem die deutschen FDP-Abgeordneten und die rumänischen Sozialdemokraten dafür. Die Mehrheit dürfte am Dienstag ähnlich ausfallen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte in den vergangenen Monaten gefordert, das Lieferkettengesetz ganz abzuschaffen. Die schwarz-rote Bundesregierung einigte sich schließlich darauf, das bestehende deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen und durch die veränderten europäischen Regeln zu ersetzen.
Wie geht es weiter?
Nach der Zustimmung des Europaparlaments fehlt noch die finale Zustimmung im Rat der EU-Länder. Sie gilt als Formalität, nachdem eine Mehrheit der 27 Staaten die Änderungen bereits grundsätzlich begrüßt hatte.