Auf die Bürger kommt beim heiklen Thema Organspende ein neues Verfahren zu: Zum 1. November tritt die sogenannte Entscheidungslösung in Kraft. Damit soll die Spendenbereitschaft gesteigert werden. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten. Die Neuerung fällt in eine Zeit, in der das Vertrauen der Deutschen in das Organspendesystem vor allem wegen Manipulationsvorwürfen bei Wartelisten schwer erschüttert ist. Im Oktober sank die Zahl derer, die bereit sind, Organe zu spenden, um 50 Prozent.
Was verbirgt sich hinter der Entscheidungslösung?
Im Kern geht es bei dem heftig diskutierten Modell darum, die Bevölkerung direkt anzusprechen und für Organspenden zu sensibilisieren. Alle gesetzlichen und privaten Krankenkassen sind ab dem 1. November verpflichtet, Versicherte über 16 Jahre anzuschreiben, über die Möglichkeit von Organspenden zu informieren und zu einer Entscheidung aufzufordern, ob sie selbst Spender sein wollen. Sie haben dafür ein Jahr Zeit. Dem Schreiben liegt ein Organspendeausweis bei.
Verschickt werden soll die Nachricht zusammen mit der neuen elektronischen Gesundheitskarte oder der Beitragsmitteilung. Der Vorgang wird künftig zudem alle zwei Jahre wiederholt, um das Thema präsent zu halten. Bislang wurden die Bürger nicht direkt mit der Möglichkeit einer Organspende konfrontiert, es blieb jedem überlassen, sich selbst damit zu befassen.
Muss ich auf das Organspende-Schreiben reagieren?
Definitiv nein. Es gibt keine Verpflichtung, sich mit der Aufforderung der Kassen auch nur zu befassen oder darauf zu antworten. Die Entscheidung, sich als Organ- oder Gewebespender bereitzustellen, ist und bleibt freiwillig. Wenn ein Angeschriebener nicht reagiert, bleibt für ihn alles beim Alten: Tritt eine Situation ein, in der er nach seinem Tod als Spender in Frage käme, werden nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) seine Angehörigen befragt, ob sie im Sinne des Verstorbenen einer Spende zustimmen oder nicht.
Was sollten Spendenwillige beachten?
Interessierte sollten darauf achten, dass ihre im Spenderausweis dokumentierte Erklärung nicht mit einer eventuell vorhandenen Patientenverfügung kollidiert, die lebenserhaltende Maßnahmen ausschließt. Das betont die DSO. Denn Organe können nur für Transplantationen verwendet werden, wenn der Kreislauf und damit die Blutversorgung im Körper nach einem Hirntod noch weiter funktioniert. Die DSO empfiehlt deshalb, entsprechende Klarstellungen zu möglichen kurzfristigen intensivmedizinischen Maßnahmen in die eigene Patientenverfügung aufzunehmen.
Weiterführende Informationen und Hinweise gibt es etwa auf der Internetseite www.organspende-info.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder bei der DSO unter www.dso.de. Auch die Kassen flankieren die nun anstehenden Briefsendungen mit Informationsangeboten. Die AOK etwa stellt Mitgliedern nach eigenen Angaben eine Online-Entscheidungshilfe unter www.aok.de/organspende bereit, die rechtliche, medizinische und ethische Fragen klärt.