Verbraucherschutz prangert an Flüchtlinge können Aldis SIM-Karten nicht nutzen

Prepaid-SIM-Karte und Personalausweis
Wer in Deutschland eine Prepaid-SIM-Karte kaufen möchte, muss sich beispielsweise mit einem Personalausweis identifizieren
© Christian Ohde/Picture Alliance
Mit einem neuen Gesetz zum Kauf von Prepaid-SIM-Karten wollte die Bundesregierung vor allem Terroristen und Schwerkriminellen das Leben erschweren. Nun scheint es aber noch eine ganz andere Personengruppe zu treffen.

Prepaid-Karten sind besonders aufgrund der guten Kostenkontrolle und fehlender Vertragsbindung beliebt. Doch die SIM-Karten ziehen ein ungeliebtes Klientel an: Terroristen und Schwerkriminelle schätzen die mit Guthaben aufladbaren Karten, da sie damit nahezu anonym kommunizieren können.

Seit dem vergangenen Juli ist diese Praxis in Deutschland erschwert: Beim Erwerb einer Prepaid-Karte muss ein Personalausweis oder ein anderes zur Identifikation geeignetes Dokument vorgelegt werden. Die so erhobenen Daten müssen vom Anbieter gespeichert werden. Der Bundestag hatte das Telekommunikationsgesetzes inklusive diesem Paragrafen als Teil des Anti-Terror-Pakets bereits im Sommer 2016 verabschiedet.

SIM-Karten-Gesetz führt zu Problemen

Genau diese Regelung soll es nun Flüchtlingen erschwert haben, ihre bei Aldi erworbene SIM-Karte zu aktivieren. Der Discounter nutzt für sein Angebot "Aldi Talk" ein Post- bzw. Video-Ident-Verfahren. Laut der Verbraucherzentrale Niedersachsen werden dabei aber keine Aufenthaltsgestattung anerkannt. Diese oder ähnliche Dokumente sind per Gesetz aber zulässig. Da viele Geflüchtete nicht über einen Reisepass verfügen, sei ihnen die Aktivierung der Prepaid-Karte nicht möglich, so die Verbraucherzentrale weiter. "Wir können Geflüchteten daher nur raten, die gekauften Pakete zurückzugeben, sofern eine Aktivierung nicht möglich ist", sagt Marvin Momberg, Koordinator des Projekts "Verbraucherschutz für Flüchtlinge".

Vertreter von Aldi Nord und Süd haben die Vorwürfe gegenüber "Spiegel Online" zurückgewiesen. Demnach wolle man keine Personengruppe ausschließen und würde diverse Dokumente akzeptieren sofern diese die vollständigen Personaldaten enthalten. Die Unternehmen gaben jedoch zu, dass ein Video-Ident-Verfahren in Einzelfällen nicht möglich sei, wenn etwa die Schrift des Dokuments zu klein oder die Kameraauflösung zu gering ist.

Keine einheitliche EU-Vorschrift

Ein Blick auf die Prepaid-Regelungen in der EU eröffnet ein Vorschriftenwirrwarr: Die Regeln beim Verkauf unterscheiden sich von EU-Staat zu EU-Staat teils drastisch, sagt Telekom-Sprecher Middel. In anderen Mitgliedsstaaten müssten sich Käufer teils gar nicht registrieren lassen, weiß er. Besonders problematisch sei in der Vergangenheit in der gesamten Branche der Online-Verkauf gewesen. Oft reichte dabei die Angabe einer E-Mail-Adresse. 

Immerhin knapp 60 Millionen Prepaid-SIM-Karten waren 2016 nach Schätzungen des Telekommunikationsverbands VATM in Deutschland aktiviert. Das entspricht 46,5 Prozent aller aktiven SIM-Karten im Umlauf. Der Rest - die 68,5 Millionen sogenannten Postpaid-SIM-Karten - läuft über Vertrag.

DPA
fri