Die Terroranschläge in den USA eine neue Diskussion über Sicherheit im täglichen Leben ausgelöst. Das Schutzbedürfnis steigt, die Beschäftigten von privaten Sicherheitsfirmen schieben Überstunden. »Es wird wahrscheinlich in nächster Zeit ein höheres Sicherheitsbedürfnis geben«, prognostiziert Martin Hildebrandt vom Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS). Die Aktie des Marktführers Securitas aus Schweden ist an der Stockholmer Börse seit den Terrorakten um mehr als zehn Prozent gestiegen.
Aufwind für die Branche
Auch die Hersteller von Sicherheitssystemen rechnen mit einer wieder auflebenden Diskussion darüber, wie viel Schutz nötig und möglich ist. Mit den Anwendern aus Politik und Wirtschaft müssten neue Wege erarbeitet werden, sagt Urban Brauer, Geschäftsführer des Bundesverbands der Hersteller- und Errichterfirmen von Sicherheitssystemen (BHE).
Neue Herausforderungen bei Sicherheitskonzepten
Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, Sicherheitskonzepte beim Zivilschutz zu überdenken. »Die neunziger Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges werden fortan als das unbekümmerte Jahrzehnt in die Geschichte eingehen«, kommentiert die »Welt«. Der Ausspruch, dass nach den Anschlägen nichts mehr sein wird wie es war, gilt vor allem in der Sicherheitsfrage.
Gründlichere Kontrollen
An Flughäfen, in öffentlichen Gebäuden, aber auch in Geschäftshäusern wird derzeit gründlicher kontrolliert. Um diese zusätzliche Arbeit auf Dauer bewältigen zu können, bieten Unternehmen technische Verfahren der Personenerkennung an. Biometrie nennt sich der Wirtschaftszweig, der Hard- und Software für das Vermessen biologischer und somit einzigartiger Merkmale liefert. Fingerabdruck, Auge, Stimme oder Gesicht werden gescannt, um zu prüfen, ob deren Besitzer wirklich der ist, für den er sich ausgibt. Damit kann zum Beispiel verhindert werden, dass Menschen sich mit gestohlenen Ausweisen identifizieren, denn den Fingerabdruck kann man nicht fälschen.
Biometrie für den Massenmarkt
Henning Arendt, Leiter des Projekts BioTrusT, das unterstützt vom Bundeswirtschaftsministerium die Marktchancen der Technologie untersucht, rechnet nun auch mit einer größeren Nachfrage nach den neuen Erkennungstechnologien. »Jetzt muss man Lösungen finden für den Massenmarkt, die möglichst grenzüberschreitend einsetzbar sind.« Es wird auf allen Gebieten verschärfte Kontrollen geben.
Kein gläserner Mensch
Wird durch die technische Überprüfung von Finger- oder Handabdruck, Gesicht oder Auge der Mensch »gläsern«? Nein, meint Werner Schmidt, Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Es muss aber sichergestellt werden, dass die Daten nicht zentral gespeichert und etwa an das Bundeskriminalamt weitergegeben werden. »Man muss schauen, ob Spuren bleiben, die man in der freien Gesellschaft nicht haben will.« Ansonsten ist jedoch die Biometrie kombiniert mit einer Ausweiskontrolle ein Verfahren, das helfen kann, den Missbrauch von Ausweisen zu verhindern.
USA bei Biometrie führend
Derzeit haben die US-Anbieter bei biometrischen Systemen die Nase vorn. In Deutschland arbeiten unter anderem die Siemens-Tochter Infineon, der Gelddrucker Giesecke & Devrient und die Bundesdruckerei in Berlin in diesem Bereich. Die Bundesdruckerei hat sich dabei zunächst auf die Grenzkontrollen spezialisiert und dafür eine spezielle Kamera zur Gesichtserkennung entwickeln lassen. Vier Pilotprojekte, zwei bei internationalen Flughäfen, laufen dazu in diesem Jahr an. »Es muss ein Umdenken stattfinden«, sagt Geschäftsführer Harald Wendel. »Es geht nicht, dass wir einerseits liberale Grenzkontrollen haben und andererseits die volle Sicherheit.«
Demnächst kommt Teststadium
Breit angelegte Tests für die teuren biometrischen Anlagen hat es Projektleiter Arendt zufolge in Deutschland noch nicht gegeben, in den Vereinigten Staaten werden sie jedoch bereits eingesetzt. Die Verfahren wurden in den vergangenen Jahren stark verbessert. »Ich denke wir werden nicht um die eindeutige Personenkontrolle herumkommen. Da kann die Biometrie helfen.« Ob minutiös geplante Anschläge wie in den USA dadurch verhindert werden können, ist allerdings fraglich.
Nicole Bastian