Bislang hat die US-Regierung und mit ihr zusammen die Notenbank Fed meist mit Ad-hoc-Entscheidungen auf die Finanzkrise reagiert. Am Versicherungskonzern AIG übernahm die Regierung in der Nacht zum Mittwoch 80 Prozent, auch die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac wurden nach einer nächtlichen Krisensitzung im September unter staatliche Kontrolle gestellt. Bei der Investmentbank Bear Stearns griff die Regierung dem Käufer JP Morgan im März massiv unter die Arme - die Fed übernahm sämtliche Risiken aus dem Geschäft. In allen Fällen wurden die Entscheidungen nach stundenlangen Krisensitzungen getroffen. Was danach mit den übernommenen Instituten geschehen soll, ist noch völlig unklar.
Mit ihren Maßnahmen glich die US-Regierung einem Feuerwehrmann, der verzweifelt versucht, einen Flächenbrand zu löschen. Scheint ein Feuer unter Kontrolle, bricht an einer anderen Stelle ein neuer Brand aus. Um die Lage zu stabilisieren und wieder die Hoheit über die Entwicklung zu bekommen, denken Demokraten und Republikaner deshalb jetzt über einschneidende Maßnahmen nach. Im Kern sind sie sich einig: Der Staat muss stärker und koordinierter eingreifen.
Superbehörde soll Krise beherrschbar machen
Nach einem Bericht des "Wall Street Journals" könnte ein altes Instrument aus den 80er Jahren wieder eine Renaissance erleben. Demnach wird unter Politikern diskutiert, eine Superbehörde zu gründen, die sich mit der Abwicklung von wertlosen Vermögenswerten beschäftigt. Quasi eine Art Treuhand, wie sie von der Bundesregierung nach der Wiedervereinigung zur Abwicklung der ostdeutschen Staatsbetriebe gegründet wurde.
Bereits in den 80er Jahren hatte die US-Regierung einmal zu diesem Mittel gegriffen. Die Spar- und Kreditkrise, die landesweite Rezession und der erste Golfkrieg führten damals dazu, dass die Immobilienpreise drastisch einbrachen. Die Regierung gründete daraufhin die Resolution Trust Corperation (RTC), um zwangsvollstreckte Immobilien zu versteigern.
Die RTC wickelte Vermögenswerte in einem Gesamtwert von 394 Milliarden Dollar ab. Eine neue RTC könnte im Rahmen der Kreditkrise fast wertlose Hypothekenkredite übernehmen, sie bis zum Ablauf halten und sie dann liquidieren. Die angeschlagenen Banken könnten so schnell und massiv entlastet werden.
Keine schnelle Entscheidung erwartet
"Ich denke wir brauchen einen solchen Super-Treuhänder", zitiert die Zeitung den republikanischen Abgeordneten Paul Kanjarski. "Wenn wir es nicht tun, laufen wir von einer Pleite zur nächsten." Unterstützung erhält die Idee auch vom ehemaligen Chef der US-Notenbank Alan Greenspan.
Seit Anfang des Jahres sind in den Vereinigten Staaten insgesamt elf Banken der Finanzkrise zum Opfer gefallen. Experten gehen davon aus, dass weitere folgen werden. Erste Gespräche über die Gründung eines solchen Treuhänders wurden bereits mit Finanzminister Henry Paulson geführt. Die RTC könnte auch direkt die amerikanische Notenbank Fed entlasten, die bislang immer als Not-Feuerwehr diente.
Von einem Tag auf den anderen kann eine solche Institution aber nicht geschaffen werden. "Es wird nicht in den kommenden 14 Tagen passieren", sagte der demokratische Abgeordnete Steny Hoyer. Neben den bürokratischen Hürden und der Komplexität eines solchen Eingriffs, erschwert auch der herrschende US-Wahlkampf eine rasche Umsetzung. Die Entscheidung für eine neue Super-Treuhand würde den amerikanischen Steuerzahler weitere Milliarden kosten. Schnelle Entscheidungen sind also nicht zu erwarten, auch wenn die Zeit drängt.