Das monatelange Verkaufsgerangel um den Arzneimittelhersteller Ratiopharm ist entschieden. Kreisen zufolge geht das Ulmer Unternehmen an Teva, den israelischen Weltmarktführer im Geschäft mit Nachahmerarzneien. "Teva erhält den Zuschlag", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Der Verkaufspreis liege bei über 3,5 Milliarden Euro, sagten mehrere Insider. Teva lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab. An der israelischen Börse legte die Teva-Aktie am Vormittag um 1,7 Prozent zu.
Die Merckle-Vermögensverwaltung VEM hat inzwischen zu einer Pressekonferenz eingeladen. Die Veranstaltung solle am Nachmittag um 14.00 Uhr in Köln stattfinden, teilte der Ratiopharm-Eigner am Donnerstag mit. Nähere Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt. Um Ratiopharm hatten zuletzt neben Teva, der isländische Wettbewerber Actavis, der von der Deutschen Bank unterstützt wurde, und der US-Pharmariese Pfizer gerungen.
Die Industriellenfamilie Merckle muss Ratiopharm verkaufen, um ihre Milliardenschulden bei den Banken zu verringern. Zur Merckle-Gruppe gehören neben Ratiopharm unter anderem der Pharmahändler Phoenix sowie ein Anteil am Zementhersteller Heidelbergcement und der Pistenraupenhersteller Kässbohrer. Finanzkreisen zufolge dürfte ein Verkaufspreis von mehr als drei Milliarden Euro ausreichen, um die Gläubigerbanken der hoch verschuldeten Familie zufrieden zu stellen.
Ratiopharm ringt mit der Bad Vilbeler Stada um Platz zwei unter den deutschen Herstellern von Generika. Marktführer in Deutschland ist die zum Novartis-Konzern gehörende Gesellschaft Hexal. Deutschland ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Markt für Nachahmermedikamente. Ratiopharm setzte 2009 1,6 Milliarden Euro um und kam auf einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 307 Millionen Euro. Damit würde der Kaufpreis mehr als das zehnfache des Ebitda betragen.
Teva will mit Ratiopharm ehrgeizige Wachstums-Pläne verfolgen. Bis 2015 soll sich der Europa-Umsatz der Israelis verdreifachen. Deutschland ist ihr großer weißer Fleck auf der Landkarte. Bei einer Präsentation in Ulm hatten sie Teilnehmern zufolge in Aussicht gestellt, Produktion aus Teva-Werken zur effizienteren Ratiopharm zu verlagern, um deren Fabriken besser auszulasten. Sogar das Europa-Hauptquartier von Teva könnte von Amsterdam nach Ulm verlagert werden. Nach Einschätzung der Credit Suisse könnte Teva mit Ratiopharm seinen weltweiten Marktanteil auf etwa 19 Prozent erhöhen.