Zum Wochenanfang lief die Bieterfrist aus, am Ende der Woche ist der geplante Verkauf von Europcar ein Thema der VW-Aufsichtsratsitzung. Mindestens vier Angebote sollen vorliegen, Gerüchte sprechen von bis zu sieben Interessenten für die Autovermieter. Zwar hat die VW-Tochter mit Sitz in Hamburg im abgelaufenen Geschäftsjahr sowohl bei Umsatz, als auch Gewinn zugelegt. Im Zuge seines Sparprogramms will sich Volkswagen dennoch von Europcar trennen. Damit wäre er der letzte große Autokonzern, der sich von diesem Geschäftszweig trennt. Erst im September letzten Jahres gab Ford die weltgrößte Mietwagenfirma Hertz für 15 Milliarden Dollar an eine Gruppe Finanzinvestoren ab. Davor hatte sich schon General Motors von Avis getrennt. Ob bereits heute eine Entscheidung fällt, ist noch unklar.
Noch keine Entscheidung über den Zuschlag
"Eine Größenordnung von rund drei Milliarden Euro für den Unternehmenswert ist dabei sicherlich eine realistische Größe," hieß es aus Unternehmenskreisen. Allerdings sei auch ein Börsengang von Europcar nicht vom Tisch. Branchenkreisen zufolge sollte aber noch nicht über einen Zuschlag entschieden werden. Eine Unternehmensbewertung von etwa drei Milliarden Euro sagt nur begrenzt etwas über den für VW anfallenden Erlös aus. Denn sie enthält auch die Schulden des Unternehmens, die ein Käufer mitübernehmen würde. In der Vergangenheit hatte es in Bieterkreisen geheißen, der Anteil der Schulden am Unternehmenswert belaufe sich auf rund zwei Drittel.
Ein VW-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab. "Es sind weiterhin alle Optionen offen", sagte er lediglich. Nach Informationen mehrerer mit der Situation vertrauter Personen gehören zu den Bietern der US-Investor Cerberus sowie die Allianz-Beteiligungssparte Allianz Capital Partners (ACP). Auch das Private-Equity-Haus JP Morgan Partners und das Bieter-Duo aus dem Autovermieter Sixt und der Beteiligungsgesellschaft Apax seien mit im Rennen. Sixt, Cerberus und Allianz lehnten Stellungnahmen ab.
Börsengang bleibt eine Option
Für einen Börsengang von Europcar könnte die Sorge der Belegschaft vor einer Zerschlagung sprechen. Insbesondere gegen das Duo Sixt/Apax gibt es im VW-Konzern Vorbehalte, denn die Kombination beider Autovermieter könnte zu Widerstand der Kartellbehörden führen - Abspaltungen wären dann wohl die Konsequenz. Auch Cerberus ist mit dem US-Autovermieter ANC bereits in der Branche tätig. Die Option eines Börsengangs werde auch wegen der Bedenken der Arbeitnehmerseite wohl aufrechterhalten, sagte eine beteiligte Person. Umgekehrt sei es kaum denkbar, dass sich VW bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf den Börsengang festlege.
Doch bei der Sitzung des Aufsichtsrats ging es noch um andere Themen, auf dem Programm stand eine umfangreiche Tagesordnung. Das Präsidium sollte von vier auf sechs Personen erweitert werden und Prosche-Chef Wendelin Wiedeking in das einflussreiche Gremium einziehen. Porsche ist durch seinen Einstieg bei Volkswagen zu dessen größtem Aktionär bei aufgestiegen, noch vor dem Land Niedersachsen. Auch die neuen Pläne zur Sanierung der Marke VW dürften eine Rolle spielen. Beschlüsse zu diesem Thema wurden aber noch nicht erwartet. Wiedeking hatte sich am vergangenen Wochenende ausdrücklich hinter das Umbauprogramm des Vorstands gestellt, von dem auch mindestens 20.000 Arbeitsplätze betroffen sein sollen. Einzelheiten sind aber noch nicht bekannt.
Unrentablen Betrieben droht das Aus
Dem Betriebsrat waren erst vor einer Woche umfangreiche Unterlagen - unter anderem eine Analyse der VW-eigenen Komponentenfertigung - vorgelegt worden. Am 7. März stellt sich VW-Chef Bernd Pischetsrieder bei der Vorstellung der Bilanz den offenen Fragen. Entscheidungen werden jedoch erst nach den Betriebsratswahlen im März erwartet. Markenvorstand Wolfgang Bernhard hatte mitgeteilt, dass die Traditionsmarke in ihren deutschen Werken einen hohen dreistelligen Millionenverlust einfährt und auch die Schließung unrentabler Bereiche nicht ausgeschlossen.
Zum wiederholten Male sollte es im Aufsichtsrat um die VW-Affäre um Schmiergelder, Lustreisen und Sexpartys auf Firmenkosten gehen, die den Konzern im vergangenen Jahr bis in die Grundfesten erschüttert hatte. Die Aufseher wollten einen neuen Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG entgegennehmen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bestätigte am Freitag, der im Zuge der VW-Affäre zurückgetretene Gesamtbetriebsratschef Klaus Volkert sei in der vergangenen Woche erneut vernommen worden. Zu Inhalten machte er keine Angaben. Noch keinen neuen Vernehmungstermin gebe es für den ebenfalls über die Affäre gestürzten Arbeitsdirektor Peter Hartz.
Grünes Licht für Moskauer Fabrik
Auf der Tagesordnung im Aufsichtsrat standen zudem die Auslandsaktivitäten des Konzerns. Während es beim Bau einer Fabrik in Indien noch keine endgültige Entscheidung des Vorstands gibt, ist das geplante Engagement in Russland inzwischen zu Ende verhandelt. Wie VW-Chef Bernd Pischetsrieder vor kurzem angekündigt hatte, will VW in Stupino südlich von Moskau eine eigene Fabrik bauen und noch in diesem Jahr damit beginnen. VW will seinen konzernweiten Marktanteil in Russland bei Neuwagen innerhalb der nächsten fünf Jahre von derzeit 2 bis 3 Prozent auf 10 Prozent steigern. In dem neuen Werk sollen in fünf Jahren 250.000 Fahrzeuge jährlich produziert werden können.