Der Blick der einzelnen Fremdenverkehrsverbände war jahrzehntelang praktisch nur in den Norden gerichtet. Doch während die deutschen Gäste zunehmend ausbleiben, wird der osteuropäische Markt für Österreichs Tourismuswirtschaft immer interessanter. Da kommt die EU-Erweiterung am 1. Mai gerade recht. "Damit eröffnet sich für Österreich eine Riesenchance", sagte der Geschäftsführer der Österreich Werbung, Arthur Oberascher.
Befreiung aus deutscher Abhängigkeit
Österreich müsse sich langsam wieder aus der Abhängigkeit vom deutschen Markt lösen, betont der oberste Tourismuswerber des Landes. Die konjunkturgebeutelten Deutschen belegen immer weniger Betten in Österreichs Hotels. Und sie drehen inzwischen jeden Euro zwei Mal um, bevor sie ihn ausgeben. Die Zahl der Urlauber aus Osteuropa dagegen stieg im Vorjahr um ein Viertel. Für dieses Jahr werden ähnlich hohe Steigerungsraten erwartet. "Mittelfristig werden diese Gästeschichten den Rückgang aus dem deutschen Markt ausgleichen", glaubt Oberascher.
Tatsächlich wird auf Österreichs Pisten immer häufiger tschechisch und ungarisch gesprochen, füllen sich die Straßen zunehmend mit Urlauberautos aus der Slowakei und Slowenien. Für Salzburg ist das Grund genug, um eine Marketingaktion zu starten. Als Willkommensgruß erhalten die neuen EU-Bürger Anfang Mai kostenlosen Eintritt bei zahlreichen Sehenswürdigkeiten des Bundeslandes. "Schon jetzt machen die Gäste aus Osteuropa eine Million an Nächtigungen aus", sagt Leo Bauernberger, Geschäftsführer von Salzburger Land Tourismus. Dabei gebe es vor allem in den baltischen Staaten beim Ansprechen neuer Kundenkreise noch Nachholbedarf.
Westliches Konsumverhalten
Die Zeiten, in denen Hoteliers und Wirte die Nase rümpften, wenn Gäste aus Osteuropa angesagt waren, sind vorbei. Keine Rede mehr von der Rostlaube, in der im Schlafsack übernachtet wurde, von den mitgebrachten Brötchen, die im Gastgarten verzehrt und dem Glas Wasser, das vom Kellner erbeten wurde. "Sie kommen mit der neuesten Ausrüstung und sie geben gutes Geld aus", so die Erfahrungen Oberaschers. "Sie zeigen völlig westliches Konsumverhalten", meint auch Bauernberger. Die zu erwartende wachsende Kaufkraft als Folge des EU-Beitritts dürfte diesen Trend noch verstärken, hoffen die Tourismuswerber.
Burgenland Tourismus-Chef Gerhard Gucher baut gleich im doppelten Sinne auf die neuen EU-Mitglieder. "Sie sind nicht nur als Gäste herzlich willkommen, sondern auch als Partner." Gemeinsam mit den Kollegen aus der Steiermark, Westungarn und Slowenien hat das Burgenland das Projekt "European Spa World" ins Leben gerufen. Länderübergreifend wird dabei für die 32 dort angesiedelten Thermenanlagen mit 53 Hotels und knapp 10.000 Betten geworben. Solche Aktionen seien auch nötig, um die neuen Gästeschichten nicht gleich an andere Urlaubsdestinationen zu verlieren, meint Oberascher. "Nur dann werden wir nachhaltig ein Urlaubsland und nicht nur ein Transitland."
Verlagerung der Reiseströme
Apropos Transit: Keinerlei Illusionen gibt sich Bauernberger hin, dass Österreich von der Erweiterung ausschließlich profitieren wird. "Das sind zwei Seiten einer Medaille. Es wächst natürlich auch Konkurrenz heran." Viele Westeuropäer werden die neuen EU-Mitglieder in den nächsten Jahren kennen lernen wollen. "Da wird es auch eine Verlagerung der Reiseströme in diese Richtung geben." Umso wichtiger sei es, sich jetzt schon um neue Stammgäste zu bemühen.