Seit dem Beitritt Polens zur EU sind solche Transporte im Fahrzeug-Tross auf deutschen Autobahnen in Richtung Osten wieder ein alltägliches Bild. Mit einem oder mehreren alten Autos an Bord rollen die Fahrzeuge über die deutsch-polnische Grenze.
Einfuhrbestimmungen haben sich geändert
Mit dem Fall der Zollschranken am 1. Mai haben sich auch die Einfuhrbestimmungen für Gebrauchtwagen in Polen geändert. Statt der bisher als Mindeststandard geltenden Abgasnorm Euro 2 dürfen nun auch Gebrauchtwagen, die nur unter die Norm Euro 1 fallen, nach Polen eingeführt werden. Damit kann gewissermaßen jedes bis zu zehn Jahre alte Auto nach Polen gebracht werden. Viele polnische Privatkäufer und Autohändler nutzen die Gunst der Stunde.
Das Zollamt der Lebuser Region in Reppen (Rzepin) registrierte 19.200 Gebrauchtwagen von Mai bis zur zweiten Julihälfte. "Das ist eine unglaubliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr", sagt Pressesprecher Slawomir Wolanczyk. Während des gesamten Jahres 2003 wurden in der Lebuser Region lediglich 4.486 Gebrauchtwagen über die Grenze geholt. Das Zollamt ist für fünf Übergänge zwischen Polen und Brandenburg zuständig, darunter auch den viel befahrenen Übergang an der A 12 Berlin-Frankfurt (Oder).
Explosionsartige Zunahme bei Importen
Ähnliche Steigerungsraten beim Import von Altautos stellt das polnische Finanzministerium für ganz Polen fest: Allein in den ersten beiden Monaten nach dem Beitritt, also im Mai und Juni, importierten die neuen EU-Bürger 159.839 Autos aus dem Westen. Das sei jetzt schon mehr als drei Mal so viel wie im gesamten Vorjahr, hieß es.
Im Durchschnitt seien die Autos um die zehn Jahre alt, erläutert Wolanczyk. Im Westen läge der Preis für diese Altautos zwischen 200 bis 300 Euro pro Fahrzeug. In Polen müssten für diese importierten Gebrauchtautos Abgaben gezahlt werden, je nach Alter fielen Steuern von bis zu 65 Prozent des Kaufpreises an.
Selbst hoher Steuersatz bremst nicht
Doch trotz dieses hohen Steuersatzes lohnt es sich, die Autos im Westen zu erstehen. Der Wegfall der strengeren Abgasnorm ist der Hauptgrund, dass Massen gebrauchter Autos seit Mai den polnischen Automarkt überschwemmen, stellt die Marktforschungs-Firma Eurotax fest. "So wird weniger an den Umweltschutz als an das eigenen Portemonnaie gedacht", bedauert Edyta Wasiluk, Pressesprecherin von Eurotax Polska. Eine weitere negative Folge der vielen Privatimporte von Gebrauchtfahrzeugen sei der Preisverfall der Gebrauchtwagen, die auf dem polnischen Markt angeboten werden. "Autos, die vor 1998 produziert worden sind, haben bis zu 15 Prozent an Wert verloren."
Die Flut von Gebrauchtwagen beschäftigt nicht nur die polnischen Zollämter. Auch die polnischen Versicherungen stellen eine stark erhöhte Nachfrage nach Pflichtversicherungen für Autos fest. "Im Mai und Juni haben wir mehr als fünf Mal so viele Versicherungen verkauft als vor dem Beitritt", sagt Piotr Bakowski, Versicherungsangestellter in Slubice, Frankfurts Nachbarstadt. Besonders im Juni konnte die Agentur extrem viele Abschlüsse tätigen. Im Juli sei dann die Nachfrage etwas abgeflacht, liege aber immer noch weit über den Werten vor Mai 2004.
Neue Mindeststandards in Planung
Der Einfuhr von verbeulten und kaputten Fahrzeugen soll in Polen bald ein Riegel vorgeschoben werden. Presseberichten zufolge arbeitet das Warschauer Verkehrsministerium an neuen Vorschriften, die einen Mindeststandard für Fahrzeuge vorschreiben, die auf Polens Straßen rollen. Wie die "Gazeta Wyborcza" berichtet, sollen alte Autos, die als nicht ausreichend verkehrssicher gelten, erst gar nicht eingeführt werden dürfen. Diese Vorschriften sollen voraussichtlich schon im September in Kraft treten, heißt es in der Zeitung "Glos Szczecinski" unter Berufung auf eine Ministeriumssprecherin.