"Sitzt, passt, wackelt und hat Luft" - so griffig die Alltagsnorm ist, sie versagt vielfach. Wer aber sorgt dafür, dass Kreditkarten weltweit in die Schlitze von Geldautomaten passen und CDs in CD-Player? Und wem ist zu verdanken, dass es auf Mallorca den passenden Film für die in Deutschland gekaufte japanische Kamera gibt? Möglich macht das die Internationale Normenorganisation ISO. Beim "Weltnormentag" am 14. Oktober will die Genfer Organisation auf die wirtschaftliche Bedeutung von Standards hinweisen.
Normen gibt es für alle Lebensbereiche
Ob Piktogramme auf Toilettentüren (ISO 9186), PIN-Nummern für Bankkunden (ISO 9564-1) oder Patentrezepte für Beschwerdeverfahren (ISO 10018) - 14000 Normen hat die ISO seit 1947 erlassen, darunter auch für Kondome (ISO 4074). Rund 900 Normen kämen Jahr für Jahr dazu, berichtet eine Sprecherin - vor allem im Transportwesen und in der Informationstechnologie. Seit einigen Jahren kommen aus Genf auch Richtlinien zur Qualitätskontrolle in Unternehmen (ISO 9000) und Umweltstandards (ISO 1 000). In der Regel sind diese Normen Kann- Bestimmungen und nicht verpflichtend.
Größter Erfolg: Der Container
Als größter Erfolg der ISO, die von 147 Staaten unterstützt wird, gilt die Einführung des normierten Containers in den 60er Jahren. Dank gleicher Abmessungen und Hebevorrichtungen können Container aus Südamerika problemlos auf liberianische Schiffe gehoben und in niederländischen Häfen auf deutsche Züge umgeladen werden.
Keine internationale Arbeitsteilung ohne Norm
"Unsere internationale Arbeitsteilung ist ohne Normung nicht denkbar", betont der Dresdner Wirtschaftswissenschaftler Ulrich Blum. "Eine dezentralisierte Wirtschaft funktioniert letztlich nur mit international anerkannten Standards." Bauteile verschiedener Hersteller seien so problemlos austauschbar, Automobilzulieferer etwa müssten weniger Zubehör vorrätig haben und könnten ihre Lagerkosten deutlich senken. Nach Blums Einschätzung bringen Normen zudem "enorme Handelsvorteile". Wolle sich ein Unternehmer im Ausland etablieren, könne er bei der Produktkonzeption in dem Land geltende nationale Normen berücksichtigen. So würde zugleich Doppelarbeit vermieden.
Schlüssel zu den Weltmärkten
"Normen sind der Schlüssel zu den Weltmärkten", bekräftigt der Sprecher des Deutschen Instituts für Normung (DIN) in Berlin, Peter Anthony. Die institutionelle Normung habe an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert begonnen, schildert er. Damals habe es mitunter 25 Varianten für ein Ventil einer Dampflok gegeben. Sukzessive wurden daraufhin in Europa nationale Norminstitute gegründet: Großbritannien 1901, Frankreich 1916, Deutschland 1917. "Heute ist das Bewusstsein, dass man auf einen gemeinsamen Nenner kommen muss, wesentlich schärfer als in der Frühzeit der Industrietechnik", sagt Anthony.
Firmen vielfach noch zurückhaltend
Die knapp 400 Mitarbeiter des DIN in Berlin erarbeiten nach Angaben von Anthony im Schnitt 2.000 Normen pro Jahr - zunehmend auch für Reinigungs- und Wachdienste, Umzugsfirmen oder touristische Angebote. Doch Ökonom Blum beobachtet bei vielen Firmen auch Zurückhaltung, technische Neuerungen einem Normverfahren zu unterziehen und sie damit öffentlich zu machen. "Die Unternehmen opfern bei allen Vorteilen der Normung eben auch Herrschaftswissen, um zu einer gemeinsamen Plattform zu kommen", sagt Blum.