Das Finanzloch der Krankenkassen ist noch größer als erwartet. Knapp drei Milliarden Euro fehlten der gesetzlichen Krankenversicherung Ende 2002, wie Gesundheits-Staatssekretär Klaus Theo Schröder am Mittwoch in Berlin sagte. Hauptgrund sind die weiter rasant wachsenden Arzneimittelausgaben. Schröder schloss nicht aus, dass der Beitragssatz von zuletzt durchschnittlich 14,3 Prozent in diesem Jahr weiter steigt. Die Zahlen belegten die Notwendigkeit von Reformen, sagte er.
Fehlbetrag deutlich höher
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte zuletzt für 2002 einen Fehlbetrag von "bis zu 2,5 Milliarden Euro" vorhergesagt. Tatsächlich lag er nach Schröders Angaben bei 2,96 Milliarden Euro. Einnahmen von 139,65 Milliarden Euro standen Ausgaben von 142,61 Milliarden Euro gegenüber.
Immer mehr Ausgaben für Medikamente
Kassen und Kassenärztliche Bundesvereinigung hatten sich Anfang 2002 darauf verständigt, die Arzneimittelausgaben um 4,6 Prozent zu senken. Tatsächlich wuchsen die Kosten aber um 4,8 Prozent. Somit seien über zwei Milliarden Euro mehr ausgegeben worden als geplant, sagte Schröder. Er wies darauf hin, dass ohne das 2001 verabschiedete Arzneimittelspargesetz noch 780 Millionen Euro mehr ausgegeben worden wären.
Kassen bleiben die Einnahmen aus
Zweiter Grund für das Riesenfinanzloch ist seinen Angaben zufolge die schlechte Einnahmesituation der Kassen. Die beitragspflichtigen Einkommen seien 2002 nur um 0,5 Prozent gestiegen. Dies schlug laut Schröder in der Finanzplanung der Kassen mit bis zu 700 Millionen Euro Fehlbetrag zu Buche. Dabei fiel nach Angaben des Staatssekretärs in Gewicht, dass die beitragspflichtigen Einkommen im vierten Quartal um 0,9 Prozent sanken. "Einen Einnahmeausfall in dieser Größenordnung hat niemand vorhergesagt", meinte Schröder. Möglicher Hintergrund sind Kürzungen beim Weihnachtsgeld oder die beitragsfreie Umwandlung von Einkommen zum Jahresende als private Rentenvorsorge. Schröder sagte, es sei noch unklar, wie stark welcher Faktor gewirkt habe.
Beitragserhöhungen bringen Erleichterung
Schröder zeigte sich zuversichtlich, dass das zum Jahresbeginn in Kraft gesetzte Notsparpaket mit Nullrunden für Ärzte und Kliniken eine Atempause gewährt. Es soll Einsparungen von etwa 2,8 Milliarden Euro bringen. Schröder appellierte an den Bundesrat, ein weiteres Spargesetz zur Eindämmung der Verwaltungskosten der Kassen mitzutragen. Damit könne der Sparbetrag 3,5 Milliarden Euro erreichen. Der Anstieg der Verwaltungskosten bei 4,5 Prozent sei zu hoch. Erleichterung der Finanzmisere bringen laut Schröder auch die Beitragserhöhungen bei etwa einem Drittel der Kassen zum Jahreswechsel. Damit sei der durchschnittliche Satz von 14,0 auf 14,3 Prozent im Januar gestiegen. Dies bringe den Kassen Mehreinnahmen von rund drei Milliarden Euro.
Weitere Erhöhungen nicht ausgeschlossen
Damit sei wahrscheinlich eine Stabilisierung der Finanzlage erreicht, sagte der Schröder. Auf die Frage, ob die Beitragssätze 2003 weiter steigen könnten, sagte er jedoch: "Sicher vorhersagen kann das keiner." Es hänge unter anderem von den Beschäftigtenzahlen ab. Der Staatssekretär räumte ein, dass es nach vorläufigen Zahlen der Pharmagroßhändler auch im Januar einen weiteren Anstieg der Arzneimittelkosten um etwa fünf Prozent gegeben habe.
Wahrscheinlich sei dies nicht voll zu Lasten der Krankenkassen gegangen, weil Apotheker ihnen laut Gesetz mehr Rabatte gewähren müssen.