Reformen Rürup-Kommission uneins über Rentenformel

Die Rürup-Kommission findet offenbar auch bei der Rente in grundsätzlichen Fragen nicht zu einer gemeinsamen Linie. Streit gibt es auch über eine längere Lebensarbeitszeit.

Die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme findet offenbar auch bei der Rente in grundsätzlichen Fragen nicht zu einer gemeinsamen Linie. Zu einer neuen Rentenformel und einer längeren Lebensarbeitszeit werde es keinen Konsens geben, berichtete der Berliner "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe) unter Berufung auf Gewerkschaftskreise. Entsprechenden Plänen, wie sie am Osterwochenende im Gespräch waren, würden die Gewerkschaftsvertreter in der Kommission nicht zustimmen.

Zunehmende Alterung soll berücksichtigt werden

In dem Gremium wird nach Presseberichten an einem Modell gearbeitet, die Rentenformel nun doch wieder um einen Faktor zu ergänzen, der die zunehmende Alterung der Gesellschaft berücksichtigt. Dies würde bedeuten, dass die jährlichen Rentenerhöhungen deutlich geringer ausfielen. Ein solcher "demographischer Faktor" war seinerzeit von der christlich-liberalen Koalition eingeführt, von der rot-grünen Regierung aber 1998 wieder gekippt worden. Daher solle der Faktor diesmal einen anderen Namen erhalten, hieß es. Kommissionschef Bert Rürup habe zudem vorgeschlagen, das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben. Damit müssten bei früherem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben höhere Abschläge hingenommen werden.

Warnung vor zu schneller Umsetzung

Auch Mitglieder der Kommission, welche die Reformpläne mittragen, warnten dem "Tagesspiegel" zufolge vor einer zu schnellen Umsetzung. Würde eine neue Rentenformel tatsächlich schon im kommenden Jahr wirksam, würde das den Rentnern weitere Kaufkraft entziehen, erklärte der Berliner Ökonom Gert Wagner der Zeitung. Das könne sich unter Umständen "katastrophal für das Wirtschaftswachstum auswirken".

Schmidt will noch abwarten

Sozialministerin Ulla Schmidt erklärte laut "Bild am Sonntag": "Derzeit planen wir nichts in diese Richtung." Sie warte die Vorschläge der Kommission zur Rente im Frühsommer ab. Erst dann werde entschieden, ob und gegebenenfalls was von den Empfehlungen übernommen werde.

Keine kurzfristigen Reformpläne

Kommissionsmitglied Wagner sagte, es sei Aufgabe der Politik, für die Stabilisierung der Konjunktur zu sorgen. "Die Kommission muss sich aus dem kurzfristigen Gesetzgebungsprozess heraushalten." Durch die kurzfristigen Reformpläne werde die private Kaufkraft weiter deutlich geschwächt, sagte der Berliner Ökonom, der die Arbeitsgruppe Gesundheitsreform der Kommission leitet. Die Politik müsse sich überlegen, wie sie die konjunkturdämpfenden Wirkungen des Reformprogramms kompensiere, wenn sie allein die in der Gesundheitspolitik vorgeschlagenen kurzfristigen Reformschritte umsetze. Auf dem Gesundheitssektor hatte sich die Kommission zwar auf ein Sparprogramm im Umfang von etwa 24 Milliarden Euro verständigt. In der Kernfrage der künftigen Finanzierung der Krankenkassen hatte sie sich aber nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen können.

Union fordert Kassensturz

Die "Welt am Sonntag" schrieb, nach Überzeugung von Rentenexperten müsse der Rentenbeitrag nächstes Jahr von 19,5 auf 20 Prozent erhöht werden. Für das Jahr 2030 rechne der Verband der Rentenversicherer (VDR) mit 24,6 Prozent, während der frühere Arbeitsminister Walter Riester noch von 22 Prozent ausgegangen war. "Angesichts der dramatischen Zuspitzung der Rentensituation" forderte der Sozialexperte der Unionsfraktion, Andreas Storm, dem Blatt zufolge die Bundesregierung zu einem Kassensturz noch vor der Sommerpause auf. Die bayerische Sozialministerin Christa Stewens erklärte in München, es sei höchste Zeit für eine echte Reform. Die Milliardendefizite der gesetzlichen Rentenversicherung gefährdeten die Rentenzahlungen.