Jedes Jahr sterben rund 58.000 Menschen auf den internistischen Stationen der deutschen Krankenhäuser an den Folgen unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Die Hälfte dieser Todesfälle sei potenziell vermeidbar, da sie auf falsch verschriebene Medikamente oder fehlerhafte Dosierungen zurückgingen, berichtet der Leiter des Instituts für Klinische Pharmakologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, Jürgen C. Frölich, in der Fachzeitschrift "Der Internist". Nach Ansicht des Experten mangelt es aber vielen Ärzten am nötigen Problembewusstsein.
58.000 sterben jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern
In den deutschen Kliniken werden jedes Jahr rund sechs Millionen Menschen internistisch behandelt. Bislang waren Experten von 8.000 bis 16.000 Todesfällen als Folge unerwünschter Arzneiwirkungen ausgegangen. Die neuen Hochrechnungen gehen laut Frölich auf eine norwegische Untersuchung von knapp 14.000 Patienten zurück. 732 Männer und Frauen seien im Untersuchungszeitraum von zwei Jahren verstorben, davon 133 auf Grund einer unerwünschten Wirkung von Arzneimitteln.
Hälfte der Toten wegen falscher Veschreibungen
Etwa die Hälfte der vermeidbaren Todesfälle gehen nach Angaben Frölichs auf falsch verschriebene Medikamente zurück. Bei 31 bis 58 Prozent seien Dosierungsfehler für den Tod des Patienten verantwortlich. Teilweise würden Ärzte die Dosierung bei nierenschwachen Patienten nicht anpassen oder auch das Patientengewicht nicht ausreichend berücksichtigen.
Tot aufgrund von Rechenfehlern
Aber auch gar nicht so seltene Rechenfehler haben laut Frölich mitunter tödliche Konsequenzen. So wurden nach seinen Angaben in einer weiteren Studie 150 Ärzten aufgefordert, fünf verschiedene Dosierungen zu berechnen. Nur 44 Prozent der Ärzte machten dabei keine Fehler. Schließlich könnten auch Allergien, die von den Ärzten nicht beachtet würden, unerwünschte Arzneiwirkungen verursachen.
Bessere Ausbildung gefordert
In der norwegischen Studie äußerten nach Angaben des Hannoveraner Mediziners nur sechs Prozent der Ärzte den Verdacht, dass Medikamente die Ursache für den Tod von Patienten gewesen sein könnten. Vor diesem Hintergrund forderte Frölich, die klinisch-pharmakologische Ausbildung von Studenten, Pflegepersonal und Ärzten zu verbessern. Aber auch spezielle Expertenräte, an die sich Mediziner bei pharmakologischen Fragen wenden sollten, könnten helfen, die Zahl dieser Todesfälle zu senken. Schließlich ließen sich auch mit speziellen Informationssystemen zur Arzneitherapie Fehler bei der Verschreibung von Medikamenten vermeiden.