Franz Meindl ist die Witze gewohnt. Der stämmige Endfünfziger ist der Bürgermeister des Städtchens Tarsdorf im oberösterreichischen Voralpenland. Und weil hier, an der Grenze zu Bayern, die Räume weit und die Ortschaften klein sind, ist Meindl auch noch Herr über eine Handvoll Dörfer, die nach Tarsdorf eingemeindet wurden. Es sind Ortschaften wie Eckldorf und Döstling, Eichbichl und Hörndl - Dörfer mit guten österreichischen Namen, mit Namen, die so ländlich und bodenständig klingen, wie die Gegend nun einmal ist. Und dann ist da noch Fucking.
Seit rund 1000 Jahren trägt die Gemeinde den Namen, der ursprünglich wohl auf einen Focko geheißenen Edelmann zurückgeht. Heutzutage begeistert er vor allem britische Touristen - und sorgte in den vergangenen Tagen für so viel Wirbel, dass Meindl inzwischen nur noch ungern ans Telefon geht. Schuld daran ist das Amt der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacksmustern. Denn diese Behörde hat nach knapp drei Jahren des Brütens eine folgenschwere Entscheidung getroffen - und eine Biersorte namens "Fucking Hell" genehmigt.
Ein Nest mit 93 Einwohnern
Beantragt hatte die doppeldeutige Marke eine Berliner Marketingagentur, die im Auftrag der Unternehmer Stefan Fellenberg und Florian Krause handelte. Im ersten Anlauf schmetterten die EU-Beamten im spanischen Alicante das Anliegen noch ab: Der Name verstoße gegen europäisches Recht, da Markennamen weder blasphemisch noch anstößig sein dürfen. Schließlich aber setzten sich die beiden Deutschen durch - "Fucking" sei der Ort, wo das Bier gebraut werde, "Hell" die Sortenbezeichnung. Dass der Name auf Englisch so viel wie "verdammte Hölle" bedeute, dürfe die Eintragung als Marke nicht verhindern.
Gefunden in ...
... der "Financial Times Deutschland"
Allerdings - in Fucking selbst gibt es gar keine Brauerei. Der Ort ist ein Nest mit 93 Einwohnern. Es gibt keine Kirche, nicht einmal ein Gasthaus. Und Meindl versichert, er wisse "nichts von einer Brauerei oder einem Bier, das in Fucking gebraut werden soll". Weder bei ihm noch in den Nachbarorten hätten Investoren angefragt, auch größere, auffällige Grundstückskäufe habe es keine gegeben.
Meindl hält das Ganze für einen PR-Gag, Fellenberg und Krause aber beteuern ihre Pläne, das Bier auf den Markt zu bringen. "Mit der Präsentation ist im August/September 2010 zu rechnen", heißt es in einer Pressemitteilung. Ihre Antwort auf die fehlende Fuckinger Infrastruktur für das Brauvorhaben: Schweigen.
Fucking wünscht sich Ruhe
Bier hin oder her - dass sich der Bekanntheitsgrad ihrer Heimat durch die Geschichte steigern wird, stößt bei den Dörflern auf wenig Begeisterung. "Die Fuckinger wollen in Ruhe gelassen werden", sagt Bürgermeister Meindl. Auf eine Vermarktung ihres Namens auf Postkarten und Souvenirs verzichtet die Gemeinde. Den Einwohnern reichen bereits die Busse, die hauptsächlich englischsprachige Österreichbesucher auf der Durchreise in die Festspielstadt Salzburg aussteigen lassen, damit sie sich vor den Ortsschildern fotografieren können. Letztere sind so beliebt, dass bereits ein gutes Dutzend gestohlen wurde. "Mittlerweile haben wir die Schilder aber einbetoniert, angeschweißt und festgenietet", sagt Meindl.
Nun könnte man bei all dem Ärger natürlich auch einfach den Namen des Dorfes ändern - davon aber wollen die Fuckinger nichts wissen. 2004 entschieden sie sich in einem Referendum dagegen. "Es ist ja nicht damit getan, ein anderes Ortsschild hinzustellen", sagt Meindl. "Da müssen Adressen und alles Mögliche geändert werden. Und das ist es wirklich nicht wert." Noch nicht jedenfalls.