Kungelei und Rechtsbruch - die Vorwürfe gegen den hessischen Innenminister Volker Bouffier (CDU) wiegen schwer. Glaubt man der Opposition, hat sich ausgerechnet der für den Schutz der Verfassung zuständige Minister über Recht und Gesetz hinweggesetzt und einen Parteifreund zum Chef der hessischen Bereitschaftspolizei befördert. Dabei habe Bouffier auch ein Gerichtsurteil ignoriert. Stimmt nicht, sagt der dienstälteste deutsche Innenminister und bestreitet alle Vorwürfe.
Die Opposition hat Bouffier ins Visier genommen, zielt aber auch auf Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Der solle bis Montag Fragen zu der Affäre beantworten, forderten SPD und Grüne am Donnerstag in einem Brief an den hessischen Regierungschef. Koch reagierte prompt. Über seinen Regierungssprecher Dirk Metz ließ er ausrichten, Bouffier habe sein volles Vertrauen.
Die Affäre hat einen verwickelten Vorlauf. Ende 2007 war die Spitzenposition bei der Bereitschaftspolizei ausgeschrieben worden. Im Frühjahr 2008 fällt die Entscheidung für den heute amtierenden Polizeipräsidenten Hans Langecker. Der stammt wie Bouffier aus Gießen, war dort Vizepolizeipräsident und sitzt für die CDU im Kreistag.
Doch der unterlegene Kandidat geht vor Gericht und erzielt im Dezember 2008 einen Erfolg vor dem Verwaltungsgerichtshof, der höchsten Instanz in Hessen. Die Richter stoppen die Besetzung. Sie schreiben Bouffier und seinem Beamtenapparat ein zweites Auswahlverfahren vor.
Aus Sicht der Opposition hat es dieses aber nie gegeben. "Unser Eindruck: Der amtierende Innenminister hat diesen Beschluss in der Auswirkung ignoriert. Er wollte von Anfang an einen ihm genehmen Bewerber durchsetzen", sagt der SPD-Abgeordnete Günter Rudolph. Aus der Sicht Bouffiers hat es dagegen sehr wohl ein zweites Verfahren gegeben.
Was die Opposition besonders erbost: In die Akten über das Auswahlverfahren sind nachträglich erstellte Vermerke eingefügt worden. Darin heißt es etwa, dass eine erneute Ausschreibung Anfang 2009 nicht nötig gewesen sei, da keine weiteren Bewerber erkennbar waren.
Fakt ist: Langecker wurde im Juli 2009 zum Präsidenten der Bereitschaftspolizei ernannt. Und das offensichtlich sehr schnell, nachdem das Kabinett dem Personalvorschlag zugestimmt hatte. Ist die Urkunde erst einmal einem Beamten ausgehändigt, kann der unterlegene Kandidat nicht mehr gerichtlich dagegen vorgehen. Dieser fordert jetzt zumindest Schadenersatz vom Land.