Lange, dunkle Haare, eine knallenge hellbraune Wildlederhose, dazu ein farblich passendes bauchfreies Ledertop. Die Western-Lady sieht heiß aus, ist aber nur Fiktion. Sie ist Teil eines Bildes, gemalt auf die Seite einer Schaustellerbude. Davor steht ein gelbes Muscle-Car. Momentaufnahme auf einem Rummel, das Bild eines Autoliebhabers, Werbeaufnahme? Der Renner ist präsent, dominiert das Foto aber nicht. Er fügt sich in die Gesamtkomposition ein.
Mit diesem Bild aus dem Wiener Fotografiestudie staudinger+franke wirbt das Fotografenprojekt "selected views" für die Ausstellung "European Car Photography" im Frankfurter Fotografie Forum International. Bernd Sumalowitsch, Initiator von "selected views", zeigt 20 Großdrucke und 154 weitere Arbeiten internationaler Fotografen, die sich mit dem Thema "Automobil" beschäftigen.
Die Fotografien sollen Geschichten erzählen
Im Gegensatz zur Werbefotografie, bei der das Auto im Mittelpunkt steht, das Drumherum eher nebensächlich ist, geht es bei der Ausstellung "nicht darum Markengeschichten zu zeigen, sondern eigene Geschichten zu erzählen", sagt Sumalowitch. Emotionen sollen in den Bildern zum Ausdruck kommen, die Fantasie des Betrachters angeregt werden.
Auf einigen Fotografien ist das Auto nur als winziger Punkt in der Weite der Landschaft zu erkennen. Auf anderen nimmt es viel Raum ein, ohne das Bild zu dominieren. Es ist ein Teil in der Fotografie. Es werden Fotografien präsentiert, die zeigen, wie prägend das Auto den Alltag bestimmt, sei es durch das Bild einer Tankstelle oder das, einer verlassene Straße. Einige Fotografien zeigen sehr stilisierte Aufnahme, die am Computer extrem nachbearbeitet wurden. Andere Fotografen haben das Ursprüngliche der Bilder erhalten und nur minimal Bearbeitungsprogramme eingesetzt.
"European Car Photography"
Anlässlich der Internationalen Automobil Ausstellung 2007 präsentiert "selected views" noch bis zum 23. September von 14 bis 20 Uhr im Fotografie Forum International des Frankfurter Leinwandhauses die Bilder aus dem Sonderband "Selected Car Photography 2007". Das Buch "Selected Views Cars 2007" kann außerdem unter www.selectedviews.de bestellt werden.
Eine Plattform für Fotografen
"Selected views" entstand 1999, um eine Plattform für Fotografen zu formen, auf der sie ihre Werke ohne kommerzielle Zwänge publizieren können. Mit 40 Fotografen gestartet, sind heute fast 400 Fotografen in dem Projekt vertreten, die für Werbeagenturen, Grafikstudios, Unternehmen und Redaktionen im In- und Ausland tätig sind.
Bereits 1999 erschien die erste Ausgabe von "selected views": ein Buch mit Bildstrecken und Serien aus allen Themenbereichen der Fotografie, wie People-Fotografie, Modefotografie, Stillleben, Reportagefotografie oder Landschaftsaufnahmen. Mittlerweile gibt es neun "selected views"-Bildbände. Über 200.000 Exemplare wurde europaweit verkauft.
Die Idee zum Sonderband "European Car Photography" entstand durch die beteiligten Fotografen, die aus der Automobilfotografie kommen. 2005 erschien der erste Sonderband zu diesem Thema, 2007 der zweite.
Vergänglichkeit der Perfektion
Die Ausstellung behandelt aber nicht nur das Auto als perfekten oder idealisierten Gegenstand. "Auch das Zerstörerische ist vorhanden", das die Unbeständigkeit des kühlen Blechs zeigt. "European Car Photography" präsentiert Fotografien, die die Überreste dessen zeigen, was einmal war: ein Skoda zerlegt in seine Einzelteile oder alte Volvos. "Allerdings", sagt Sumalowitch, "wollen die Leute das heilige Blech lieber in seiner Ganzheit sehen."
Ob lebendiger Mythos, technische Eleganz und kühle Funktionalität, cooles Poser-Utensil oder der prägende Einfluss von Autos auf das Landschaftsbild - die Fotos der Ausstellung zeigen die vielfältigen Facetten des Automobils und das wofür es steht: Fortschritt, Mobilität, Freiheit und Geschwindigkeit, aber auch Vergänglichkeit und Verfall. Die Fotografien würdigen eine Ikone, die in den letzten 100 Jahren unseren Lebensstil entscheidend geprägt und verändert hat und zeigen, dass das Produkt "Auto" nicht immer im Mittelpunkt stehen muss, um eine ganz besondere Wirkung innerhalb einer Fotografie zu entfalten.