Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht ... - Die ganze Prozedur aus der von Moses niedergeschriebenen Schöpfung kann sich der Spieler in "Black & White 2" getrost schenken. Sein Universum ist nämlich schon fix und fertig. Grüne Felder, kantige Felsen und Gebirgsbäche, ein tiefblauer Ozean - und selbst Menschen tummeln sich bereits in kleinen Dörfern. Der Spieler ist also nicht der Schöpfergeist, der Stein des Anstoßes, der erste unbewegte Beweger, sondern der klassische Interventionsgott der Antike. Einfach nur ein paar Wiesen und Blumen zu zaubern, reicht ihm nicht. Vielmehr will er aktiv das Schicksal der ihn anbetenden Völker und der Welt gestalten.
Allein sind die Menschen in "Black & White 2" dazu auch kaum in der Lage. Zwar begreifen sie auch ohne Anweisungen, dass Bäume zum Fällen und Getreide zum Ernten da ist. Vielmehr Geistreiches kriegen die in detaillierter 3-D-Grafik modellierten Figuren allerdings nicht hin. Dann wäre Gott schließlich auch überflüssig. Der Job des Spielers ist es also, die ihm anvertrauten Völker zu beschützen, ihnen beim Aufbau ihrer Städte zu helfen, hin und wieder ein Mana-verschleißendes Wunder zu wirken und ihnen ständig verstehen zu geben: "Seid fruchtbar und mehret euch!"
Denn nur wenn es genug Menschen in einem Dorf gibt, kann Gott damit eigene Truppen ausheben. Wofür Truppen? Nicht jedes Volk der unterschiedlichen Welten in "Black & White 2" ist einem wohl gesonnen. Der Spieler wird also vor zwei Alternativen gestellt. Entweder er hegt und pflegt sein Volk nach Kräften und dehnt seinen Einfluss so weit aus, dass sich andere Völker vor Bewunderung ihm freiwillig anschließen - eine sehr langwierige und leider auch langweilige Prozedur. Oder aber er rekrutiert Armeen aus Schwertkämpfern, Bogenschützen und Katapulten - um die Siedlungen der Ketzer dem Erdboden gleich zu machen.
Manchmal ist dafür nicht einmal eine große Schlacht nötig. Wenn der Spieler die Soldaten des Gegners umgeht und direkt das Hauptgebäude der Stadt zerstört, hat er ein Szenario gewonnen. Das passiert leider häufiger. Denn wenn die vom Computer gesteuerte Armee nicht angegriffen wird, greift sie oft gar nicht ins Spielgeschehen ein - eine einzige KI-Blamage. Kommt es aber zur Schlacht, verkeilen sich schon mal 200 bis 300 Einheiten ineinander. Hier noch zu versuchen, die Steuerung zu übernehmen, kann sich der Spieler getrost schenken. Vielmehr sollte er dem Treiben zusehen und darauf hoffen, dass die eigenen Leute in der Überzahl sind.
Unterstützt bei all seinen Taten wird man von einer Kreatur - einem Löwen, einem Wolf, einem Affen oder einer Kuh. Die Special-Edition von "Black & White 2" hält noch den Tiger bereit. Diese Kreatur kann den Einwohnern der Siedlungen beim Aufbau helfen, gelangweilte Gläubige aufheitern oder sich mit in die Schlacht stürzen. Der tierische Stellvertreter auf Erden lässt sich langsam erziehen. Am Anfang wirft er gern mal die eigenen Dorfbewohner durch die Luft. Ein paar ordentliche Ohrfeigen - und Gott hat seinem tierischen Schüler die Marotten ganz schnell ausgetrieben.
Black & White 2
Hersteller/Vertrieb | Lionhead Studios/EA |
Genre | Strategie |
Plattform | PC |
Preis | ca. 50 Euro |
Altersfreigabe | ab 12 Jahren |
"Black & White 2" präsentiert sich in eindrucksvoller 3-D-Grafik inklusiver toller Zaubereffekte und einer schönen Soundkulisse - ein Genuss für die Sinne. Leider bietet es aber nicht so viel Tiefgang wie andere Aufbau- und Strategiespiele und ist für Profis viel zu leicht geraten. In höchstens zehn Stunden sind die Szenarios geknackt, deren Palette von simplen Aufgaben à la "Sammle 3.000 Holz" über nerviges Schafesuchen bis hin zu "Erobern Sie das gegnerische Dorf" reicht. Für Einsteiger und jüngere Spieler bietet die Götter-Simulation ein durchaus unterhaltsames Spielerlebnis, der erwartete Geniestreich ist Peter Molyneux allerdings nicht gelungen.