"eXperience112": Big Brother is watching you

Wissenschaftliche Experimente können zuweilen buchstäblich ins Auge gehen. So auch auf dem havarierten Supertanker, auf dem ein Forschungsteam an einem neuartigen Stoff namens Hydroxid-Oxydrin arbeitet. Das Projekt gerät außer Kontrolle und mündet in eine Katastrophe, deren einzige Überlebende die Wissenschaftlerin Lea Nichols ist. Verwirrt und desorientiert kommt sie in ihrer Kajüte zu sich. Nur der Spieler, der als Systemoperator des bordweiten Überwachungsanlage von seinem Steuerpult aus jeden Winkel des Schiffes im Blick hat, kann Lea dabei helfen, aus dem Schlamassel zu entkommen.

Für Adventure-Fans bietet "eXperience112" eine völlig neuartige Spielerfahrung, die einen tief in das Geschehen mit einbezieht. Es gilt, mithilfe der Kameras das Terrain zu sondieren und mit Lea auf indirekte Weise zu kommunizieren. Statt mit der Protagonistin zu sprechen, leuchtet man ihr den Weg durch die Korridore des Schiffs aus, dirigiert Roboter oder nutzt Passwörter, um die Accounts ehemaliger Mitarbeiter zu knacken. Kurzum: Man ist der gute Geist im Hintergrund. Die ständigen Hilfestellungen, die sich der Spieler und Lea gegenseitig geben, schaffen dabei eine tiefe Verbundenheit.

Missverständnisse sind allerdings nicht immer ausgeschlossen. Auch die Steuerkonsole des Operators, die mit ihren zahlreichen Fenstern dem Betriebssystem "Windows" recht ähnlich ist, benötigt eine gewisse Einarbeitungszeit, bis man bis zu drei Kameras gleichzeitig und diverse andere technischen Gerätschaften richtig im Griff hat. Geduld ist auch nötig, wenn die Vielzahl an geschriebenen Informationen ausgewertet werden muss - oder einfach nur, weil sich Frau Nichols trotz ihrer Notsituation mit einer ungeheuren Langsamkeit durch die Gänge bewegt.

Trotzdem: Wer sich die Zeit nimmt, wird von "eXperience112" mit einer Geschichte belohnt, die in ihrer gemächlichen, aber überaus spannenden Inszenierung den Vergleich mit gelungenen Kino-Thrillern nicht scheuen muss. Hier stimmt einfach alles: von der düsteren Optik über die sparsame, aber äußerst gänsehautintensive Klangkulisse bis hin zur professionellen Sprachausgabe.

Adventure-Spieler, die über einen langen Atem verfügen und eine unkonventionelle, packende Geschichte erleben wollen, sollten sich "eXperience112" auf keinen Fall entgehen lassen. Voraussetzung: ein halbwegs aktueller Rechner, der über ausreichend Grafikpower verfügt. Denn bei mehreren geöffneten Kamerafenstern, Lageplänen und Dossiers gehen selbst potente PCs gerne in die Knie.