"Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots" ist vieles: der krönende Abschluss einer renommierten Reihe, digitaler Bombast in Reinkultur, ein erzählerischer Kraftakt - mehr Spielfilm als Spiel. Treue Fans des sichtlich gealterten Helden Solid Snake werden nach der letzten Dialogzeile zutiefst ergriffen vor ihrem Fernseher sitzen. Alle anderen dürften sich deutlich schwerer tun, sich in dem Story- und Figurengeflecht zurechtzufinden, das der japanische Kultdesigner Hideo Kojima über die Jahre hinweg gesponnen hat. Nichtsdestotrotz ist Snakes Abgang ganz großes Kino und ein klein wenig Kunst ...
In "Guns of the Patriots" führt Hideo Kojima nahezu alle Ereignisse, Geschichten und Personen aus den vorangegangenen Abenteuern von Snake zusammen. Dabei bedient sich der 44-jährige Japaner wie gewohnt erstklassiger bis ausufernder Zwischensequenzen, die den Spieler mitunter eine Stunde lang zum bloßen Zuschauen verdammen - von per Knopfdruck auszulösenden Flashbacks und Perspektivenwechsel einmal abgesehen. Knapp zwei Drittel des 20-stündigen Trips rund um den Globus sind den Filmen und Einsatzbesprechungen vorbehalten. Viel Stoff, um einem großen Finale den Weg zu ebnen. Zu viel, um für Einsteiger noch nachvollziehbar zu bleiben.
Alle großen Themen
Möchte man die Handlung von "Metal Gear Solid 4" auch nur grob umreißen, bewegt man sich auf einem inhaltlichen Minenfeld. Vorsichtig formuliert: Es geht um Liebe, Hass, Kriegstreiberei, Moral, Abhängigkeit - und natürlich den Erzfeind Liquid, der die Welt in ihren Grundfesten erschüttern will. Dass dabei ein überdimensionaler Kampfroboter zum Einsatz kommt, dürfte jedem Serienfan irgendwie klar sein. Snakes Ziel: Liquids Liquidierung ...
Metal Gear Solid 4
Hersteller/Vertrieb | Konami/Konami |
Genre | Action-Adventure |
Plattform | PS3 |
Preis | ca. 70 Euro |
Altersfreigabe | ab 18 Jahren |
"Guns of the Patriots" macht es einem leicht. Oder höllisch schwer - abhängig davon, wie man an die Sache herangeht. Auf den ersten Blick ist das neue "Metal Gear Solid" actionlastiger als seine Vorgänger ausgefallen. Snake darf innerhalb der fünf Akte dieser Sci-Fi-Oper auf ein gewaltiges Waffenarsenal zurückgreifen, um sich tumb durch Heerscharen feindlicher Söldner und Milizen zu ballern. Aufgelesenes Kriegsmaterial verhökert er beim Waffenschieber Drebin - oder rüstet es dort weiter auf. Die ständige Verfügbarkeit von Munition in rauen Mengen verführt zum kopflosen Spielen. Man kann aber auch traditionsgemäß nach allen Regeln der Kunst täuschen, tarnen, tricksen, sich durch die Level schleichen und sämtliche Gegner nur betäuben. Spielen, ohne zu töten - diese Hürde sei sehr hoch, sagt Kojima. Aber wenn man sie überspringt, sei das eine Erfahrung, an die man sich noch lang erinnert.
Manchmal hat Snake Rücken
Egal, für welche Herangehensweise man sich auch entscheidet: Snake wurde bestens ausgestattet. Dank seines "OctoCamo"-Anzugs passt sich der alte Konami-Kämpfer wie ein Chamäleon seiner Umgebung an, die HighTech-Augenklappe "Solid Eye" ist Fernglas, Nachsichtgerät und Radar in einem. Ebenfalls neu: der MKII, eine kleine, putzige Blechbüchse, die sich prima zum Spähen eignet und Feinde mit Elektroschocks außer Gefecht setzt. Aber auch ein paar Klassiker haben ihren Weg ins neue "Metal Gear Solid" gefunden - allen voran die grandiose Tarnung in Form eines Pappkartons sowie der "Playboy", mit dem sich nicht nur eine gegnerische Wache ablenken, sondern auch Snakes Stresspegel abbauen lässt. Der steigt bei Feindkontakt, bei Sprints und Vorwärtsrollen rasch in die Höhe. Der rapide Alterungsprozess macht dem grummeligen Helden eben schwer zu schaffen. Manchmal hat er Rücken.
Richtig feuchte Hände bekommt der Spieler allerdings nur bei Begegnungen mit den Mitgliedern der "Beauty & the Beast"-Einheit. Auch wenn die Zwischengegner-Duelle nicht mehr so gewitzt ausfallen wie in der Vergangenheit, ist doch eine spezielle Taktik vonnöten, um der Damen Herr zu werden.
Was blieb, ist die Handlungsfreiheit und das große Bewegungsspektrum von Snake, das sich über die gewöhnungsbedürftige, aber gelungene Steuerung abrufen lässt. Ohnehin leistet sich "Metal Gear Solid 4" technisch nur wenig Schwächen: Wer kleinere Ruckler und farblose Texturen kritisiert, ist auf der zwanghaften Suche nach dem Haar in der Suppe. Allenfalls die minutenlange Installation weiterer Datenhappen nach jedem Akt nervt. Der große Rest: ziemlich beeindruckend. Kojima und sein Team zücken alle Register, um der Reihe ein würdiges Ende und dem Fan ein paar ergreifende Stunden zu bereiten.