Houston, wir haben ein Problem: Immer mehr Beta-Versionen werden gezielt und nicht aus Versehen in die Shareware-Szene entlassen. Was den Versions-Junkie mächtig freut, enttäuscht die breite Basis. Beta-Programme sind Programme, die noch nicht fertig sind. Die Bugs enthalten und vielleicht nicht völlig stabil laufen. Anwendungen eben, die noch nicht ausreichend getestet wurden. Was soll der Anwender damit?
Die Programmierer neuer Shareware-Anwendungen basteln ständig an neuen Versionen. Früher gab es die einen Entwickler, die nur alle paar Monate ein größeres Update veröffentlichten. Und die anderen Entwickler, die fast täglich ein Mini-Update auf den Markt brachten. Mit beiden Vorgehensweisen hatte sich der Anwender abgefunden. Nicht aber mit der Flut der jüngst veröffentlichten Betaversionen. Diese Programme sind per se noch nicht fertig, können also mitunter üble Abstürze provozieren. Oft laufen sie auch nur bis zu einem fest vorgegebenen Datum, um dann völlig den Geist aufzugeben. Kurzum: Wer diese Versionen aus dem Netz bezieht, erklärt sich sozusagen damit einverstanden, als Betatester eingesetzt zu werden.
Viele Anwender lehnen deswegen die Betaversionen kategorisch ab und warten lieber auf das fertige Release. Und warten. Und warten. Und warten, während immer neue Betaversionen veröffentlicht werden. Wer hinter die Kulissen blickt, bemerkt folgendes: Viele Programme wie z.B. WinRar oder Opera, von denen im Web fast nur noch Betas zu finden sind, liegen auf der Homepage der Programmierer in zwei Fassungen vor: in der alten ausgetesteten und in einer neuen, unfertigen. Opera gibt es demnach derzeit in einer Dreierund einer Viererversion, einmal als fertiges Release und einmal als Vorab-Beta Benutzung auf eigene Gefahr.
Warum ist dann im Web nur noch die Beta zu finden und nicht mehr die eigentliche Version? Der Grund liegt auf der Hand. Alle Shareware-Depots stehen im Wettstreit miteinander. Jetzt möchte man in Sachen Aktualität die Nase vorn haben, um die Shareware-Fans an sich zu binden. Kein Wunder also, dass alle Depots über lange Zeit hinweg lieber die Version 8.0 Beta von WinZip anboten und die eigentliche Version 7.0 ignorierten.
Wie krass das Geschäft mit den Betas inzwischen geworden ist, zeigt ein Blick auf die Neuheitenliste von WinFiles, einem amerikanischen Depot. Allein für die letzten zwei, drei Tage werden die folgenden Betas als Neuzugänge gelistet: AbsoluteFTP Beta 1.8 Beta, Autorun Maestro 0.24 Beta, Event Scanner 0.5 Beta, GNet Search Engine Submission System 2.0.0 beta 11, LowTek CopyFaster for Windows 2000 1.0 Beta 2, onSign 2.0 Beta, Opera 4.0 beta 5, PowerArchiver 2000 5.6 Beta 2, Weather1 3.04.4 beta, WeatherAloud 0.16 Beta und Webmaster ToolBox beta 1. Jede Menge Betas also, die man besser ignorieren sollte. Was denken Sie? Ihre Meinung im
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Und das ist das Schärfste im Bestand der Neuheiten liegen ja auch noch zahlreiche Betas vor, die gar nicht mit dem Kürzel »Beta« gekennzeichnet sind. Sie verraten sich durch eine Versionsnummer niedriger als Eins: Yoink 0.92, News Courier 0.21.11 und This Zip 0.8 dienen hier als Beispiele des Unfertigen.
Aber auch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Viele Betaversionen werden nur noch lapidar mit dem Buchstaben b hinter der Versionsnummer gekennzeichnet Bloß kein Getöse drum machen. Oder sie werden gar mit einem a markiert, wenn es sich um eine Alphaversion handelt. Argh, da kann es einen nur noch schütteln.
Auch hier zu Lande geht das mit den Betaversionen bereits los. Die beiden Dateimanager Idoswin Pro und Windows Command Center können derzeit als Betas aus dem Netz gezogen werden. Warum nicht noch die paar Tage warten, bis das »offizielle« Release erscheint?
Unser kleines STERN-Depot klinkt sich aus der Betamanie aus. Wir werden Ihnen auch in Zukunft nur die Programme vorstellen, die tatsächlich der Beta-Kinderstube entwachsen sind. Kleine Ausnahmen bestätigen die Regel.
Carsten Scheibe
Typemania@compuserve.com