"Ich bin ein Star, holt mich hier raus": Es gibt so Trash-Sendungen, die machen einfach süchtig. Ich weiß noch genau, dass ich mit meinem Kollegen Karsten Kurda bei der Premiere der allerersten Dschungelshow eingeladen war. In einem Berliner Restaurant der australischen Art knabberten wir zusammen mit dem RTL-Presseteam und ein paar Promis aus "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" frittierte Wanderheuschrecken und fettige Krokodilfleischbuletten, während auf dem Live-Bildschirm Küblböck und Co das erste Dschungelcamp erkundeten. Ich weiß noch, wie ich mich damals wunderte, dass die da alle stationär in ihrem Camp hocken bleiben. Ich war immer davon ausgegangen, dass sich das ganze Team von Punkt A nach B durch den Dschungel schlagen musste. Das wäre auf Dauer sicherlich spannender als das öde Abhängen auf der Matratze.
Inzwischen läuft nach langer Pause - die dem Format gut tut - die dritte Staffel. Ich bin wieder voll mit dabei. Mein Computer übrigens auch. Abends nach zehn arbeite ich immer gern noch ein wenig, weil da das Telefon nicht mehr klingelt. In meinem Rechner steckt eine TV-Karte, und so kann ich jede Dschungel-Sendung im Fenster sehen, während ich an meinen Texten feile. Wer nun denkt, dass meine Texte deswegen so mies sind, weil mir vor dem Rechner immer ganz schlecht wird, der muss wissen, dass ich meinen ganz eigenen Dschungel im Büro habe: Im Wandterrarium tummeln sich exakt die gleichen Kakerlaken, Mehlwürmer und Krabbelkäfer wie im Dschungel. Als Futter für die Bürogekkos. Und liebe GEZ-Leute: Natürlich zahlt die Firma artig Gebühren für den TV-Rechner.
So funktioniert Hellseherei
Der Rechner ist freilich nicht nur zum Fernsehen da. Punkt 12 kommt an jedem Tag die ausführliche Presse-E-Mail von RTL, in der akribisch genau beschrieben ist, was Stunden später abends in der Show passieren wird. Nach dieser Mail mit dem Vermerk "ACHTUNG: SPERRFRIST FÜR RADIO UND ONLINE-MEDIEN BIS 23.55 UHR" sind wir inzwischen alle süchtig. Kollege Thomas wird inzwischen richtig sauer, wenn ich sie ihm nicht schnell weitergeleitet habe. Dann ruft er auch schon einmal an: "Willst du mir den ganzen Tag vermiesen? Ich kann nicht zum Einkaufen gehen oder mit dem Hund raus, weil ich auf deine Mail warten muss." Im Hort, in dem ich um eins oder zwei meine Tochter abholen muss, bin ich inzwischen der absolute Held der Erzieherinnen. Meine gewagten Prognosen, wie viele Sterne die Dschungelcamp-Prüfungsteilnehmer am Abend wohl erringen werden, stimmen nämlich immer. Ausnahmslos.
Mehr von Carsten Scheibe
In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf der selben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.
Zwischen Mittags-Pressemail und Abends-Live-Gucken geht es munter weiter. Im Chat staunen wir alle, wie schnell eine strahlende Julia Biedermann trotz Playboy-Fotos und bleistiftdünner Nase zum bleichen Kinderschreck mutieren kann, wie altersmüde ein Bata Illic seine Zeit in der australischen Verbannung aussitzt, und wie panisch die blonde Kreische Ross angesichts einiger Ratten wird, die ganz offensichtlich zahm sind. Wahrscheinlich wurden sie von der Tochter des Produzenten ausgeborgt, die ihnen vorher noch die pinkfarbenen Schleifchen abgenommen hat. Lästern im Chat und auch per Mail macht Spaß. Nur die Michaela Schaffrath, die muss ich echt verteidigen. Die habe ich einmal auf einem Presseevent kennen gelernt und mir ein Autogram geben lassen, das nun an der Bürowand hängt - neben den Autogrammen von Renée Pornero, Katja Kassin und Michael Crichton. Auch wenn letzterer nicht so ganz in die Reihe passt. Die Michaela jedenfalls ist wirklich so eine Liebe und Nette, wie sie im Camp zu sehen ist. Die wird sicherlich die neue Dschungel-Queen. Ob mein Autogramm dann an Wert gewinnt?
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania
