Scheibes Kolumne Spam ohne Ende

Es ist mal wieder an der Zeit. stern.de-Kolumnist Scheibe öffnet seinen Spam-Ordner und schaut nach, ob sich die besondere "Qualität" der unerwünschten Werbebotschaften in den letzten Monaten nicht vielleicht doch gesteigert hat. Gibt es zwischen Viagra und Lottogewinnen auch noch Meldungen, die ein klein wenig mehr Unterhaltungswert haben?

Als mein amerikanischer Onkel vor vielen Jahren jammerte, er brauche eine Stunde am Tag nur für das Beantworten seiner E-Mails, da klang mir das sehr illusorisch. So lange? Inzwischen wäre ich froh, wenn es bei einer Stunde bleiben würde.

Zum Glück muss ich mich wenigstens mit den Spam-Mails nicht herumärgern. Ich habe einen sehr guten Outlook-Filter. Der schiebt alle Werbe-Mails gleich in einen Extraordner, den ich per Mausklick leeren lassen kann. So muss ich mich nicht bei jeder neuen Mail dafür entscheiden, ob sie echt ist oder nicht. Da ich alles lösche, was im Filter hängt, laufe ich auch nicht Gefahr, auf Phishing-Mails oder Viren-Anhänge hereinzufallen. Ein Klick - und weg ist das Zeug. Ungesehen, ungesichtet. Normale Mails landen nicht im Filter. Wie gesagt, er ist wirklich gut.

In den letzten zwei Wochen war mein Spam-Aufkommen deutlich reduziert, jetzt sind es wieder so um die 200 Nachrichten am Tag. Ab und zu gönne ich mir das Vergnügen, einmal einen rein wissenschaftlichen Blick in diesen Giftschrank zu werfen - nur um zu sehen, ob sich das inhaltliche Grundrauschen der Spam-Mails oder ihre werbliche Qualität irgendwie geändert haben. Einen solchen Anlauf unternehme ich auch heute.

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In seiner Freizeit geht Carsten Scheibe golfen - und arbeitet daran, dass der Golfball auf der selben Bahn ankommt, von der er abschlägt. Wenn's mit dem Spielen nicht so gut klappt, schreibt er lieber - für das eigene, kostenfrei in den Golf-Clubs ausliegende Magazin "Mein Golf-Heft". Das gibt's mit allen Artikeln auch im Internet. Natürlich ist der PC auch hier ein Thema.

Und wie auch schon in den letzten Jahren bekomme ich sofort eine Flut schlecht gestalteter Angebote von diversen "Online Pharmacy Stores" auf den Tisch geknallt, die mir alle Viagra, Cialis oder Levitra zum Dumpingpreis andrehen möchten. Da die Gefahr sehr groß ist, dass in den Billig-Pillen aus Übersee doch nur blaues Backpulver und Katzenkötel stecken, mache ich diese Mails gleich wieder zu. Wer ist denn so unglaublich dumm und bestellt sich Sexpillen im Internet?

Aber das Thema Sex zieht vor Weihnachten mächtig. Die nächste Mail schreibt gleich: "What every woman wants from their man" und meint damit das "incredible shooting volume". Ich habe da wohl Pech gehabt. Wenn meine Frau etwas von mir will, dann immer nur die Kreditkarte, um damit den Wagen vollzutanken.

"Enlargement" und tumbe Zielgruppen

Viele Mails beschäftigen sich auch mit dem maskulinen "Enlargement" und schreiben "Make her moan with pleasure". Ich frage mich derweil, wie diese Spam-Versender denn die tumbe Zielgruppe erreichen wollen, die genau darauf anspringt. In Deutschland kann die doch gar nicht genug Englisch, um auch nur die erste Zeile der Mail zu verstehen. Wo bleibt denn die übersetzte Spam-Mail? Aber doch, es gibt sie. "Hier die Fotos", schreibt einer kurz und knapp und nennt dahinter einen Link, der auf eine Homepage mit dem Namen Sofia16 führen soll. Hmm, bedeutet die 16 nun, dass Sofia erst 16 Jahre alt ist - oder dass da 16 Trojanische Pferde auf mich warten, die sich heimlich von selbst installieren, sobald ich die Homepage besuche?

Immerhin dreht sich nicht JEDE Mail um Sex. Da kann ich GUCCI-Uhren mit einer Ersparnis von 84 Prozent einkaufen, darf neue Freunde beim VIP-Dating kennen lernen und kann 2.380 Millionen Euro bei der spanischen Weihnachtslotterie gewinnen. Nebenbei soll ich mir auch noch 164,199 Adressdatensätze von amerikanischen Zahnärzten für mein Marketing besorgen - natürlich zum Schnäppchenpreis. Dann werde ich informiert, dass der Domain-Name WEB-O-RAMA.COM ausläuft. Und da ich doch selbst die DE-Adresse dazu habe, könnte ich doch die COM-Adresse noch dazukaufen. Pech gehabt: Ich besitze die deutsche Web-Adresse gar nicht. Da juckt es mich auch nicht, dass dieses supertolle Angebot bereits am 13. Dezember ausläuft und ich mich sputen müsse.

Dann am Ende kommt die Mail, auf die ich schon immer gewartet habe: Im Euro Million Spanish Sweepstake International Program 2008 habe ich gewonnen, weil meine E-Mail-Adresse zu einem Pool von nur 500.000 Adressen gehört hat, die an der Lotterie teilnehmen durfte - ohne dass ich das wusste und auch ohne Geldeinsatz meinerseits. Und Tataaa, eine Million Euro habe ich nun gewonnen. Wahnsinn. Schnell soll ich alle meine Kontaktdaten an eine angegebene E-Mail-Adresse senden. Ich lass es aber lieber sein. Geld macht einsam und vertreibt die Freunde.

Und jetzt hab ich auch schon wieder genug Spam geguckt. Der Schwachsinnsgrad bei den Spams hat sich nicht geändert. Sie sehen weiterhin stupide aus, verleiten nicht zum Kauf und können höchstens sehr dumme Leute einwickeln und zum Klicken animieren. Einige Phining-Mails gab es zwar auch in meinem Spam-Ordner, die wirklich so aussehen, als würden sie von PayPal stammen. Die lösche ich aber inzwischen ohne nachzudenken. Wenn PayPal etwas von mir möchte, dann sollen die eben anrufen. Die klassischen Viren-Mails mit Anhang habe ich zurzeit gar nicht im Postfach. Gut so.

Dann bleibt es mir nur noch, erneut aufs Knöpfchen zu drücken. Tschüß, Spam-Mails. Bis morgen dann wieder...

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