Eine Frau im Bikini tanzt Lambada auf der Cognacflasche. Auf der Rückseite der Maggi-Würzmischung läuft ein Videospot mit Rezepttipps. Und aus der Aspirin-Schachtel wispert eine Stimme, die dem Kunden den Beipackzettel in fünf verschiedenen Sprachen vorliest: Es sind seltsame Szenen, die sich vor den Supermarktregalen der Zukunft abspielen. "Noch ist das meiste davon im Forschungsstadium", sagt Winfried Batzke, Geschäftsführer des Deutsche Verpackungsinstituts. Batzke ist sich sicher, dass Videospots und Audiobeiträge in einigen Jahren auf den meisten Verpackungen zu finden sein werden und die Vermarktung von Produkten eine Revolution erleben wird - dank gedruckter Elektronik.
Das Prinzip dabei ist immer gleich: Elektronische Schaltkreise sollen künftig flexibler werden und direkt auf Plastik oder Papier gedruckt werden können. Nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens IDTechex wird der Weltmarkt für gedruckte Elektronik von derzeit knapp 1,2 Millarden Dollar auf mehr als 5 Millarden Dollar im Jahr 2011 steigen. 2027 soll der Umsatz gar die Marke von 300 Millarden Dollar durchbrechen.
Hören, Sehen und Tasten
Für die Branche der elektronischen Bauelemente, die weltweit derzeit ein Volumen von 400 Millarden Dollar hat, würde ein riesiger Markt entstehen. Und auch die Verpackungsindustrie wird sich laut Experteneinschätzung durch die neue Technik deutlich verändern: "Man versucht, den Kunden multisensorisch zu packen. Hören, Sehen und Tasten sind die entscheidenden Wege ins Gedächtnis des Menschen. Gedruckte Elektronik wird dabei eine immer wichtigere Rolle spielen", sagt Batzke.
Was heute schon technisch machbar ist, scheint jedoch noch weit von dem entfernt, was sich Marketingexperten erträumen: Noch steckt die Entwicklung von Bauteilen, die elektronisch aufgedruckt werden, in den Kinderschuhen.
Ein vom Verpackungshersteller Karl Knauer entwickelter Prototyp für eine Faltschachtel namens Highlight soll gezielt die Aufmerksamkeit der Kunden erregen. Auf Basis der gedruckten Elektronik ist es dem Unternehmen aus Biberach gelungen, erstmals ein Display auf mehrere Seiten einer Faltschachtel sowie auf eine gewölbte Oberflächen aufzudrucken. Von hochaufgelösten Bikinimädchen ist allerdings noch nichts zu sehen.
Lichteffekte und Animationen
Immerhin kann das Display aus Biberach schon mehrfarbige Lichteffekte und Animationen wie Auf- oder Abblenden erzeugen. Darüber hinaus lässt sich der Prototyp mit Bewegungs- oder Geräuschsensoren koppeln, sodass Leuchteffekte gezielt einsetzen, wenn Kunden das Regal passieren. "Gedruckte Elektronik dieser Art verspricht völlig neue Verpackungsfunktionen und Anwenderfreundlichkeit", sagt Martina Claus, Koordinatorin für Technik und Entwicklung bei der Verpackungsgesellschaft Copaco.
Ein Aspekt, der über das Marketing hinausgeht, sind Informationen für Lagerung und Transport der Produkte. Um undichte Verpackungen für Geflügelfleisch nachweisen zu können, haben Forscher aus Finnland ein elektronisches Frühwarnsystem entwickelt. Den Kern stellt ein Sensor dar, der mit einem Tintenstrahldrucker auf die Verpackungsfolie gedruckt werden kann und dessen Widerstand sich verändert, wenn er einem Faulgas ausgesetzt wird.
Im Transportgeschäft gehören winzige RFID-Chips, auf denen wichtige Produktinformationen gespeichert sind, heute schon zum Alltag. Aber auch diese Technik kann von gedruckter Elektronik profitieren: "Aus Kostengründen sind die RFID-Etiketten heute oft nur auf Paletten zu finden und nicht an jeder einzelnen Produktverpackung", sagt Karsten Beutner von der Verpackungs-Beratungsgesellschaft Berndt & Partner: "Wenn jeder Joghurtbecher mit RFID-Technik ausgestattet werden soll, müssen sechs bis sieben Milliarden Etiketten zur Verfügung gestellt werden." Selbst bei Stückkosten von nur noch 2,5 Cent pro Etikett ist das derzeit zu teuer.
Wichtigster Kostenfaktor bei den RFID-Einheiten sind die Empfangsantennen. Die könnten laut Beutner ebenso gut gedruckt werden, was die RFID-Technik schon bald tauglich für den Joghurtbecher machen könnte.