Das Ziel ist ganz einfach: "Dating that doesn't suck", was frei übersetzt so viel heißt wie: "Dating, das einen nicht annervt." Alex Mehr und Shayan Zadeh störten sich daran, dass Dating im Netz aus ihrer Sicht nach zu vielen Regeln und festen Konventionen abläuft, nach dem Motto: "Wenn du nicht in sechs Wochen verheiratet bist, bist du ein schlechter Mensch." Sie bastelten deshalb an einer Flirt-Applikation für Facebook. Unverbindlich, einfach und mit vielen Bildern. Das Ergebnis ist Zoosk - und kann sich sehen lassen.
Aus der einfachen Applikation hat sich die größte Dating-Community in sozialen Netzwerken gebildet. Mehr als 50 Millionen Menschen machen mit, in mehr als 60 Ländern und in 20 Sprachen. 2007 gegründet, erzielte Zoosk vor allem über Gebühren für Premiumdienste im Jahr 2010 einen Umsatz von 90 Millionen Dollar. Das Erfolgsgeheimnis: Facebook ist beliebt, die Registrierung ist simpel - und das Extra-Hochladen von Fotos entfällt, weil die Bilder bereits im Netzwerk sind. Schon wird auf einen Börsengang spekuliert. Das wäre der große Zahltag für die jetzigen Eigentümer, neben den beiden Gründern sind das Canaan Partners, Bessemer Ventures und ATA Ventures.
Flirten 2.0
Mag Zoosk für einige die große Offenbarung sein, so ist das Start-up für andere die große Bedrohung. Onlinedating ist ein Milliardengeschäft - und eines der wenigen Geschäftsmodelle, mit dem sich im Internet in den vergangenen Jahren gutes Geld verdienen ließ. Verlage wie Holtzbrinck, der hinter Parship steht, oder große Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die mit Friendscout24 in dem Flirtmarkt mitmischt, erwirtschafteten über Jahre hübsche Erträge. Doch der Wettbewerb wird härter: Neue Anbieter wie Zoosk positionieren sich als billige Alternative, die gerade die junge Generation "Facebook" anspricht. Zudem tobt unter den etablierten Anbietern ein Verdrängungswettkampf. Sie liefern sich eine regelrechte Werbeschlacht im Fernsehen und Internet - teilweise verschlingen die Marketingausgaben die Hälfte der Erlöse.
Gefunden in ...
... der "Financial Times Deutschland"
Die aktuelle Studie des Informationsportals Singlebörsen-Vergleich untermauert die Entwicklung mit Zahlen. Demnach büßten Singlebörsen wie Friendscout24, Neu.de oder Ilove 2010 bereits das zweite Jahr in Folge an Umsatz ein. Die Erlöse gingen von 75,8 auf 68,9 Millionen Euro zurück. Wachstum verzeichneten im vergangenen Jahr dagegen Partnervermittlungen wie Parship oder Elitepartner sowie Plattformen für erotische Kontakte wie C-Date oder Joyclub.
Insgesamt ziehen die Autoren der Studie ein eher kritisches Fazit. Sie sprechen von einer "gewissen Stagnation": "Alteingesessene deutsche Anbieter sind national an ihre Wachstumsgrenzen gestoßen. Die Akquisitionskosten für Neukunden sind signifikant gestiegen", schreiben die Experten von Singlebörsen-Vergleich, die als unabhängige Instanz Flirtbörsen testen und von diesen für ihre Beratungsdienste auch entlohnt werden.
Neue Akteure wie Zoosk oder Badoo, ebenfalls eine auf Facebook basierende Flirtböse, und niveauvolle Casual-Dating-Angebote nähmen den etablierten Singleportalen Marktanteile ab. "Dieser frische Wind zwingt die etablierten Player dazu, wieder vermehrt über Produktinnovationen anstatt nur über Marketingmaßnahmen nachzudenken", heißt es in der Studie. "Hinter vorgehaltener Hand kündigt der ein oder andere Vorstandschef neue Ideen an. Inwieweit diese bahnbrechend sein werden, muss sich natürlich erst noch herausstellen."
Knallharter Wettbewerb
Gekämpft wird mit harten Bandagen. Als besonders aggressiv gilt Edarling. Die Partnervermittlung mit Sitz in Berlin startete 2009. Hinter dem Angreifer stecken die Samwer-Brüder. Die deutschen Internetpioniere, die hierzulande durch den Klingeltonanbieter Jamba oder den Schuhhändler Zalando bekannt sind, bauen auf ein erfahrenes Team: Geschäftsführer sind unter anderem Christian Vollmann, früher bei Ilove, und Kai Rieke, früher bei Parship. Das Pikante daran: Die Samwer-Brüder waren bei Parship beteiligt und gewannen dort Einblicke, die sie später für den Aufbau von Edarling nutzen konnten.
Laut dem Marktforscher Nielsen lag der Werbeetat von Edarling allein im vergangenen bei 30 Millionen Euro. Von sozialen Netzwerken schaut man sich Funktionen ab. Von Facebook inspiriert können die Kunden jetzt auch auf Edarling auf "mag ich"- Buttons klicken oder mit vorgefertigten Fragen ihre Wunschpartner kontaktieren - alles, um das Flirten so leicht wie möglich zu machen. Die nächste Offensive folgt in der nahen Zukunft.
Dann geht der Edarling-Ableger Betterdate an den Start. Nutzer bekommen hier keine Partnervorschläge, sondern gehen selbst auf Suche. Was sich wie ein Rückschritt anhört, sei ein neues Wachstumsfeld: "Wir haben bei Betterdate vor allem in Funktionen investiert, die das Ausfüllen und Pflegen des eigenen Profils und das Durchstöbern anderer Profile unterhaltsam machen", sagt Sabine Würkner, die für das neue Projekt verantwortlich ist. Eine TV-Kampagne soll die Plattform bekannt machen.
Stellenabbau beim Marktführer
Parship, der Marktführer unter den traditionellen Partnervermittlungen, steht unter Zugzwang. Dieses Jahr strichen die Hamburger zehn Prozent der 160 Stellen. Fachfunktionen seien zentralisiert worden, um "auch künftig schnell und effektiv agieren zu können", heißt es bei Parship.
2011 kaufte die Partnervermittlung zum ersten Mal seit ihrem zehnjährigen Bestehen ein anderes Unternehmen. Sie schluckte die Plattform One2like, die mit Facebook kooperiert. Im Gegensatz zu Edarling trennt der Anbieter damit die älteren und zahlungswilligeren Kunden von den jungen, die offener mit der Partnersuche umgehen. "Online-Dating ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagt eine Parship-Sprecherin. "Wir sprechen heute Leute an, die sich das vor fünf Jahren nicht vorstellen konnten." Der Auftritt von Parship solle vorerst nicht verändert werden. Bei Parship ginge es um einen seriösen Auftritt, die Kunden zahlten für Diskretion und Anonymität.
Telekom entdeckt die Erotik
Den Weg der Diversifizierung beschreitet auch die Telekom-Tochter Friendscout24. Sie begann als reine Singlebörse, wandle sich jetzt aber zu einem Partnerportal, sagt Geschäftsführerin Martina Bruder. "Wir sind an dem Punkt, an dem sich der Markt nach einem Hype stabilisiert. Man wächst über Marktanteilsgewinne oder gar nicht." Um die nach langfristigen Partnerschaften Suchenden von den Abenteurern zu scheiden, startete Friendscout vor kurzem den Ableger Secret, eine Plattform für erotische Kontakte und Seitensprünge. Sie richtet sich an Frauen und ist optisch bewusst seriös gehalten.
Die Kritik, die Nutzerzahlen seien bisher zu gering, weist Bruder zurück. Sie spricht von derzeit 75.000 aktiven Nutzern. Im Vergleich zu etablierten Casual-Dating-Portalen, die laut Singlebörsen-Vergleich.de mehr als 200.000 Nutzer haben, steht Secret dennoch erst am Anfang. Kannibalisierungseffekte zwischen Friendscout24 und Secret seien nicht zu erwarten. Es gebe bei den Nutzern parallele Bedürfnisse, die sich nicht gegenseitig ausschlössen. Die Studie von Singlebörsen-Vergleich bescheinigt dem Bereich des Adult-Dating die besten Wachstumsperspektiven. Hier seien noch "einige Marktbewegungen und Umsatzpotenziale zu erwarten", schreiben die Experten: "Der Trend, dass es für Frauen immer selbstverständlicher wird, sich das Warten auf den Lebenspartner mit erotischen Abenteuern zu versüßen, hat eigentlich noch gar nicht richtig begonnen."