NEULICH IM NETZ Zuhause: da, wo das Herz schlägt

Seit Kurzem besitzt Mike zwei Handys. Dazu eine PlayStation II, die ihm beim Erwerb der Telefone aufgenötigt wurde. Gratis. Aber das lindert seine Pein nur unwesentlich. Stichwort: Homezone.

Seit Kurzem besitzt Mike zwei Handys. Dazu eine PlayStation II, die ihm beim Erwerb der Telefone aufgenötigt wurde. Gratis. Aber das lindert seine Pein nur unwesentlich. Stichwort: Homezone.

Voll toll, diese Sache

Die soll dazu dienen, dass man auch bequem vom heimischen WC aus sitzend oder in der eigenen Garage vom bremsenlosen Auto überrollt und nun unter selbigem liegend mit der netten Nachbarin telefonieren kann – und zwar zum Vorzugstarif. »Homezone«, sagt der Fachmann, sei eine »ganz tolle Sache«. Wenn sie denn funktioniert. Bei Mike funktioniert sie nicht. Denn sein Zuhause gibt es laut Telekommunikationsanbieter gar nicht. Hauptstraße 42: Fehlanzeige.

My Home is my Bäckerei

Dass die »Homezone« dennoch tut, erfuhr Mike kürzlich beim Besuch der Bäckerei im Nachbarort. Da, zwischen Brötchen und Kuchen, duftendem Kaffee und mittels neunschwänziger Katze auf vorbehaltlose Freundlichkeit gegeißelter Verkäuferinnen, jubelte ihn sein Handy an: »Homezone«. Endlich. Angekommen. Heimbereich. Warum auch nicht? Zuhause, das ist da, wo dein Herz schlägt. Alte Fernfahrerweisheit. Und so schlecht hatte es Mike nun doch auch nicht getroffen, hier, umringt von all den Köstlichkeiten. Außerdem: Um wie viel schlimmer wäre es gewesen, hätte sein Handy »Homezone« angezeigt in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Öffentliche Bedürfnisanstalten, das weiß jeder, werden gerade in Zeiten klammer Kassen noch seltener als sonst gereinigt und nicht oder nur wenig geheizt.

Wanted dead or alive: die Onlinegebührenrechnung

Bis auf weiteres hat sich Mike entschlossen, die »Homezone« selbige sein zu lassen und bei Telefonaten mit Menschen in der näheren Umgebung zu seinem Festnetztelefon zu greifen. Und die Zeit, die er für die Suche nach weiteren »Homezonen« verschwenden könnte, andernorts zu verschwenden. Etwa vor dem PC bei der Fahndung nach der Onlinegebührenrechnung. Das, so hatte er erfahren, sollte vier Euro gegenüber einer konventionellen Rechnung sparen. Falls es funktioniert. Bei Mike funktionierte es nicht. Details erübrigen sich, weil der Wahnsinn der sich öffnenden und schließenden Fenster, der Passworteingaben und Benutzernamen, Bestätigungen und gescheiterten Datenübertragungen so oder so ähnlich wohl schon einmal jedem Internetnutzer widerfahren sind. Allein die Beruhigungstabletten hätten schon mehr als 20 Euro gekostet, stöhnte Mike.

Weswegen er sich auch nicht mit den Tarifen, Sondertarifen, Clubtarifen, Spezialtarifen und X-mas Specials mit Weihnachtspreishammer beim Innercitytelefonieren und was es da sonst noch so gebe von diesem oder jenem Anbieter auseinandersetzen wolle. Das alles wäre auch so schon »behämmert« genug. Sagt es und fährt erst einmal in Urlaub. Ohne Handy.

Thomas Hirschbiegel

PRODUKTE & TIPPS