Editorial Bildungs-Soli statt Ost-Soli

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Wohltätigkeitsveranstaltung "Wahlkampf 2009" hat begonnen. Nun werden sich die Parteien in ihrer Mildtätigkeit für die Wähler übertreffen, um die jeweilige Klientel zu bevorteilen. Dabei wäre nur eines wirklich wichtig, gerecht und weise, weil in die Zukunft gerichtet: mehr Geld für Bildung. Ganztageskindergärten, Schulen, Universitäten und Lehrpersonal sind die besten Adressaten, um den Zusammenhalt einer Gesellschaft zu sichern. Wissen vermitteln, das sich später kapitalisieren lässt. Wäre es nicht eine Diskussion wert, den bisherigen Solidaritätsbeitrag Ost in einen "Bildungs-Soli" umzuwidmen? Das klingt zwar nicht so toll wie "Steuerbonus" (SPD) oder Abschaffung des Solis (CDU), wäre aber gerade in Zeiten einer tiefen Weltwirtschaftskrise die sinnvollste Investition. Die Sozialdemokraten rechtfertigen ihre geplanten Steuererhöhungen der obersten Einkommen zwar auch damit, in Bildung investieren zu wollen. Doch das ist eine Finte. Dafür bliebe kaum Geld übrig, denn die Mehreinnahmen würde ein Kanzler Steinmeier für die versprochene Entlastung der untersten Einkommensgruppen aufbrauchen. Gebührenfreie Kitas, kostenlose Mahlzeiten und bessere Universitäten lassen sich so nicht finanzieren.

Der Solidaritätszuschlag dagegen spült jährlich 13 Milliarden Euro in die Steuerkasse, die längst nicht alle in den Osten Deutschlands fließen. Der "Soli Ost" ist nur noch ein Etikett ohne Inhalt. Steuern sind in der Regel nicht zweckgebunden. Deshalb müsste es für einen Bildungs-Soli feste Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern geben, damit dieser Topf vor dem Zugriff des Finanzministers geschützt bliebe. Und sicher müssten auch für einen Bildungs-Soli Steuern erhöht werden. Denn wenn die 13 Milliarden ausschließlich in Bildung investiert werden, fehlt an anderer Stelle Geld. Ein kluger Mix aus moderaten Anhebungen von indirekten Steuern bis zum Spitzensteuersatz - all diese Milliarden wären für den Einkauf des Rohstoffes Bildung besser angelegt als für die Einlösung kruder Steuer-Wahlversprechen. Den Ost-Soli in einen Bildungs-Soli zu verwandeln wäre ein zutiefst demokratisches, sozial gerechtes Ziel. Es würde allerdings kein einziger Euro in die Taschen der Wähler fließen - im Gegenteil. Welche Partei hätte den Mut dazu?

Herzlichst Ihr
Andreas Petzold

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