bochum Atom-U-Boot am Stahlseil

Ingenieure helfen bei »Kursk«-Bergung

Ingenieure helfen bei »Kursk«-Bergung

Vor einem knappen Jahr hielt das Drama um das in der Barentsee gesunkene russische Atom-U-Boot »Kursk« die Welt in Atem. Alle Rettungsversuche kamen zu spät, die gesamte Besatzung der »Kursk« kam bei dem Unfall ums Leben. Seither wurde diskutiert, ob das Wrack geborgen werden sollte. Neben der Überlegung, ob eine Bergung aus Pietätsgründen vertretbar sei, stand seit dem Unfall besonders die Frage nach der Durchführbarkeit im Zentrum der Diskussionen.

Diese Frage haben Wissenschaftler der Ruhr Universität Bochum jetzt beantwortet. Die Stahlseile, die von der holländischen Firma Mammoet für die Bergung des Wracks vorgesehen sind, wurden von Konstruktionsprüfern der Fakultät für Bauingenieurwesen auf ihre Haltbarkeit getestet - schließlich hängt ein Gewicht von etwa 18.000 Tonnen an den 10.000 einzelnen Stahlseilen. Sollten die Seile die Last des gesunkenen U-Bootes nicht aushalten, wäre die Sicherheit des Bergungsteams gefährdet. Ein solches Szenario wollen Dr. Werner Hanenkamp und seine Mitarbeiter für den 15. September ausschließen. Sie haben in Zusammenarbeit mit der ebenfalls an der Bergung beteiligten Firma TTFijnmechanica aus Holland einen sechs Meter langen Einzelstrang bis zum Zerreißen gespannt und dabei die Belastungswerte gemessen.

Das Stahlseil, das den Schiffskoloss wieder an die Oberfläche heben soll, ist 140 Meter lang und unglaubliche 36 Meter breit. 26 Hebevorrichtungen werden von Tauchern am Rumpf der »Kursk« befestigt. Diese Vorrichtungen können je 900 Tonnen Gewicht tragen. Die einzelnen Stahltrossen bestehen aus 54 Strängen, die sich wiederum aus je sieben Stahldrähten höchster Festigkeit zusammensetzen. Trotz dieser beeindruckenden Größe wollten die an der Bergung Beteiligten eines vorher ganz sicher wissen: »Wird das Seil auch wirklich halten?«

Die 2000-Tonnen-Prüfmaschine des Instituts für Konstruktiven Ingenieurbau gab den Wissenschaftlern die Antwort auf diese entscheidende Frage. Das Seilstück wurde in dieser Vorrichtung langsam bis zum Bruch auseinander gezogen. Aus den gemessenen Dehnungen und Verformungen der Stahltrosse zogen die Ingenieure einen beruhigenden Schluss - das Seil müsste halten.

Auch Dr. Hanenkamp ist zuversichtlich. Die Bruchlast im Test betrug 40 Tonnen, die Dehnung etwa 3,3 Prozent. Was das bedeutet, erklärt der Wissenschaftler ganz unwissenschaftlich: »Die Ergebnisse zeigen, dass die eingesetzten Stahlmaterialien und die Verankerungskonstruktionen die Anforderungen erfüllen werden und darüber hinaus auch eine beträchtliche Reserve haben.« Die Reserve wird auch nötig sein, denn schon im letzten Jahr hatte starker Seegang die Rettungsversuche unmöglich gemacht. Eine zusätzliche Belastung des Stahlseils durch hohen Wellengang schließen die Wissenschaftler daher nicht aus. Die Tests an der RUB waren für die Sicherheit der Bergungsmannschaft von hoher Bedeutung - sie haben ergeben, dass selbst unvorhergesehene Belastungen die Sicherheit nicht gefährden dürften. (ts)

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