Das Onlinepolitikmagazin e-politik.de
19.56 Uhr, etwa zwölf Studenten sitzen um den Tisch eines chinesischen Restaurants in München. Redaktionssitzung von e-politik.de. Neben den Köpfen qualmen die Zigaretten, man redet davon mit dem Rauchen aufzuhören, von der Arbeit an einem politikwissenschaftlichen Forschungsinstitut oder debattiert über die Ökosteuer. Dann wird es ernst. Roman Maruhn, Chef vom Dienst, eröffnet die Runde: »Wer hat die Blattkritik vorbereitet?« Doch der Verantwortliche ist nicht da - verspätet. Kein Wunder, kommt er doch von der Arbeit bei einer großen süddeutschen Zeitung direkt zur Sitzung.
Die meisten studentischen Mitarbeiter haben neben e-politik.de noch einen Job, denn die Arbeit hier ist ehrenamtlich. Keine Mark sieht man fürs Artikel recherchieren, schreiben oder redigieren und auch die »Chefs« arbeiten ohne Lohn; man sieht sich als »Non Profit Projekt«. Trotzdem: e-politik.de hat sich von einem Geheimtipp unter Münchner Studenten schnell zu einem der drei größten deutschen Politikmagazine im Internet entwickelt. Über 10.000 Besucher kommen monatlich auf die Seite. Besonders stolz ist man auf die Rubrik »Politisches Studium«, geleitet von Nina Bludau, selbst Politikstudentin. Hier werden studentische Skripte, Referate und Essays zu prüfungsrelevanten Themen angeboten: Von Aristoteles bis Waltz. »Das war eigentlich unsere Keimzelle«, erzählt Nikolaus Röttger, Chef vom Dienst und Gründungsmitglied. »Zu Anfang war e-politik.de nur eine lose Skriptsammlung.«
Und das ist gar nicht so lange her. Erst im Januar 2000 ging e-politik.de ans Netz. Inzwischen gibt es eine zweite Redaktion in Berlin und auch die Themen haben sich erheblich erweitert. Große Kompetenz schreibt man sich bei der deutschen Sicherheitspolitik zu. Verantwortlich dafür ist Geschichtsstudent Thomas Bauer. Auf der letzten Münchner Sicherheitskonferenz nutzte er den regionalen Vorteil und berichtete mit seinem Team ausführlich über die Tagung. Ein hoher Einsatz. Was ist die Motivation dahinter? Nikolaus Röttger versucht eine Antwort: »e-politik.de hat einen jungen Standpunkt, einen weitgefassten Politikbegriff und lässt die unterschiedlichsten politischen Anschauungen in der Redaktion zu.« Das macht sich auch in der Themenauswahl bemerkbar. So findet man neben Rubriken wie »Politisches Kabarett« oder »e-Demokratie« gar eine eigene Satireserie in Form von diskutierenden Kohl-Tagebüchern.
Die Aufmachung der Seite ist professionell: Die übersichtliche grafische Gestaltung und eine bequeme Suchfunktion erleichtern die Navigation. Das macht Eindruck, immer wieder wird e-politik.de gebeten, in Online-Seminaren Erfahrungen weiterzugeben. 20.34 Uhr, Gunnar Herrmann, ebenfalls Gründungsmitglied und Chef vom Dienst kommt herein. »Blattkritik?«, winkt er ab, »jetzt lasst mich doch erst mal was trinken.« Die Runde grinst. Auch etwas, das e-politik.de auszeichnet: Man arbeitet hart, aber ohne Humor geht hier gar nichts. (cw)