muenchen Wer nicht zahlt, fliegt

Zwangsexmatrikulation: Ein Wort wie ein Klotz. Aber kein Hirngespinst - an der LMU München wird es vor Beginn des nächsten Semesters glatt 4 450 von insgesamt 43 000 Studenten treffen.

Zwangsexmatrikulation: Ein Wort wie ein Klotz. Aber kein Hirngespinst - an der LMU München wird es vor Beginn des nächsten Semesters glatt 4 450 von insgesamt 43 000 Studenten treffen.

Die wirklich wichtigen Dinge des Lebens kommen per Post. Der Musterungsbescheid, die Postkarte von der Ex, die Werbung von der Stadtsparkasse. Und natürlich die Zwangsexmatrikulation. Wahrscheinlich ist es ein kleiner Standardbrief, weiß, mit Adressfenster. Kein Warnhinweis wird vorne drauf stehen, etwa so: »Achtung, vor dem Lesen dieses Briefes bitte Beruhigungstabletten schlucken!« Oder: »Bitte nicht den Eltern zeigen!« Stattdessen Absender, Stempel, Formschreiben. Beamtendeutsch. Hinweis auf das bayerische Hochschulgesetz, Artikel 65, Absatz drei. Punkt.

Der ist Ihnen nicht geläufig? »Ein Student soll exmatrikuliert werden, wenn er, ohne beurlaubt zu sein, sich vor Beginn eines Semesters oder Studienjahres nicht fristgerecht zum Weiterstudium angemeldet hat«, heißt es da. Und »soll«, das bedeutet »muss«. Wir leben schließlich in Bayern.

Spätestens wenn altgediente Akademiker fristgerecht ihrer Studentenleben-Nostalgie frönen, sollte ihnen dieser Paragraph vorgehalten werden. Welches Risiko! Einmal vergessen, beim zweiten Mal verschlampt, die Mahnung aufgrund zweimonatigen Urlaubs nicht gelesen - schwupps, aus der Traum von der Professorenkarriere.

Dabei geht es doch nur um fünfundfünfzig Mark und null Pfennig. Nicht mehr. Soviel nämlich müssen die Münchner Studenten löhnen, jedes Semester. Offiziell heißt das dann »Studentenwerksbeitrag«. Und nebenher gilt die Bezahlung als Rückmeldung fürs kommende Semester. »Früher mussten wir jedes Mal persönlich erscheinen. Da gab es immer eine Riesenschlange«, erinnert sich Stefan Conrad, mittlerweile Leiter der Abteilung für Studentenangelegenheiten an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Heute hat es der Studiosus viel leichter. Eine Banküberweisung - welch Bequemlichkeit! Ein ganzes Semester bleibt Zeit, trotzdem versäumen viele zu zahlen. Gott sei Dank verschickt die Uni noch eine Mahnung. »Als Student sollte man sich vor Augen halten, dass der Studienplatz ein wertvolles Gut ist«, mahnt Conrad. Recht hat der Mann.

Fünfundfünfzig Mark, null Pfennig - und doch in diesem Semester laut Angaben von Conrad 4 450 Mal nicht bezahlt. »Wahrscheinlich sind das Leute, die ganz bewusst darauf warten, zwangsexmatrikuliert zu werden, weil sie sowieso nicht mehr weiterstudieren«, vermutet Conrad. Dann muss die Uni handeln - gerade in zulassungsbeschränkten Studiengängen. Die frei gewordenen Plätze kann sie wieder vergeben, zum Beispiel an Studenten von außerhalb, die gerne in München studieren möchten.

Auch die erhalten dann einen Brief, genauso unspektakulär. Aber nicht ganz so unerfreulich. (fn)

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