Dieser Sommmer war voller Hiobsbotschaften. Erst die Sache mit dem Klimawandel und den steigenden Temperaturen, dann die Sache mit den steigenden Preisen: Milch. Kaffee. Brot. Alles gefragter, alles teurer. Just als die Bundesliga-Sommerpause überstanden und die neue Fernsehbiersaison eingeläutet war, ereilte die deutschen Verbraucher eine weitere bittere Nachricht: Das Bier wird teurer. Der "Süddeutschen Zeitung" war das sogar eine Seite-Eins-Geschichte wert.
Preise für Braugetreide steigen
Nur, wie konnte es so weit kommen? Die Getreideernte in Deutschland sei schlecht gewesen im vergangenen Jahr, sagt Marc-Oliver Huhnholz, Sprecher des Brauerbundes. Und eine Besserung ist kaum in Aussicht. Mit knapp 40 Millionen Tonnen dürfte die Ernte 2007 sogar noch einmal um knapp neun Prozent schlechter ausfallen als im Vorjahr, hat der Deutsche Bauernverband errechnet. Der zweite Grund: Durch öffentliche Subventionen kräftig gedüngte Bioenergie-Pflanzen machen den deutschen Bierbrauern die Anbauflächen für Braugetreide streitig. Und so wirkt sich das Klima gleich zweifach auf die Bierpreisentwicklung aus. Direkt durch außergewöhnliche Witterungsverläufe und indirekt durch die Klimaschutzanstrengungen der Politik.
Also steigen sie, die Kosten jener Rohstoffe, die für das Bierbrauen unerlässlich sind - und verteuern so die Herstellung. Das Braugetreide sei in den vergangenen 18 Monaten um rund 50 Prozent teurer geworden, klagt der Brauerbund.
Deutsche trinken wieder mehr Bier
Dazu kommt, dass weltweit der Bierdurst zunimmt. Im vergangenen Jahr stieg die globale Bierproduktion um stramme sechs Prozent auf knapp 1,7 Millionen Hektoliter (1 Hektoliter = 100 Liter). Auch in Deutschland wird nach Jahren rückläufigen Bierkonsums wieder häufiger mit Pils, Hellem und Weizen angestoßen. Nachdem der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch zwischen 1999 und 2005 von 127,6 auf 115,3 Liter abgesackt war, zog er im WM-Jahr 2006 wieder leicht an - auf 116 Liter. In diesem Jahr verzeichnete der Brauerbund bisher einen weiteren Anstieg von 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Dass der Preis für das Endprodukt Bier trotz dieses Drucks bisher allenfalls moderat gestiegen ist, liegt an dem noch relativ geringen Anteil, den die Rohstoffe an den Gesamtkosten des Brauprozesses ausmachen. Die weitaus größeren Kostenfresser sind bislang die Posten Energie, Personal, Marketing und Vertrieb. "Im Moment machen die Rohstoffe nur etwa sieben Prozent der Braukosten aus", sagt Brauerbund-Sprecher Huhnholz. Dieser Anteil werde sich durch die Entwicklung am Getreidemarkt jedoch dramatisch erhöhen. "Eine Erhöhung des Bierpreises ist, auch wegen der gestiegenen Energiekosten, längst überfällig", sagt Huhnholz.
Bier um bis zu 40 Prozent teurer
Der Brauerbund prognostiziert innerhalb der nächsten fünf Jahre eine Verteuerung des Bieres um bis zu 40 Prozent. Erste Anzeichen für diese Entwicklung gibt es bereits. Der belgische Branchenprimus InBev - dem unter anderem die deutschen Marken Beck's, Diebels, Löwenbräu gehören -, hob den Verkaufspreis für seine Biermarken am 1. Mai 2007 bereits um 50 Cent bis ein Euro pro Kasten an. Der dänische Bier-Riese Carlsberg, in Deutschland unter anderem mit den Marken Holsten und Astra vertreten, rechnet in den nächsten zwölf Monaten für sein Sortiment mit einem Preisanstieg von einem Euro und mehr pro Kasten.
Brauereien wettern gegen Brüssel
Gegen den Klimawandel ist der Deutsche Brauerbund machtlos. Also konzentriert er sich auf einen dankbaren Gegner: die deutsche und europäische Politik. "Der Energiesektor und der Nahrungsmittelsektor konkurrieren zunehmend um ein und dieselben Agrarrohstoffe und Anbauflächen", klagt Brauerbund-Chef Richard Weber mit Blick auf die Bioenergie-Subventionen. Da immer mehr Bauern ihre Felder mithilfe von Fördergeldern in Anbaugebiete für nachwachsende Rohstoffe umwandelten, werde der verbleibende Platz für die Bieringredienzien Gerste und Hopfen knapp. Eine "politisch induzierte Wettbewerbsverzerrung" sei das, wettert Weber.
Wenn es nach der EU-Kommission geht, soll der Anbau von umweltschonenden Biokraftstoffen künftig noch intensiver gefördert werden. Was wiederum Auswirkungen auf die Preise der Gerste hätte, die für das Bierbrauen notwendig ist. Für Biertrinker scheint die Zeit der Hiobsbotschaften noch lange nicht vorbei.