"Ich hatte gerade 18 Whisky. Ich denke, das ist der Rekord" soll der walisische Schriftsteller Dylan Thomas einst gesagt haben – oder gelallt, man weiß es nicht. 18 Whisky! Thomas' Trinkerei ist noch heute berühmt-berüchtigt. Ob der Barmann ihm damals – "Na, noch einen?" – gut zugesprochen hat, ist nicht überliefert. Unüblich ist diese Art der Konsummotivation allerdings nicht. Sie soll auch dafür verantwortlich sein, dass aus einem gemütlichen Feierabendbier regelrechte Saufgelage entstehen. Die Briten wollen dagegen nun vorgehen und ihrem Kneipenpersonal eine Art Maulkorb verpassen.
Das Bierglas ist leer. Der Barmann schaut Ihnen tief in die Augen und fragt: "Noch mal dasselbe?" Was tun Sie? Fühlen Sie sich dazu animiert, vielleicht sogar aufgefordert, noch etwas zu bestellen, weiterzutrinken, bis die Besinnungslosigkeit naht? Die International Alliance for Responsible Drinking (IARD) ist jedenfalls der Meinung, dass genau solche Fragen Kunden zu verantwortungslosem Saufen verleiten können. Sie sollen daher bestenfalls aus dem Sprachgebrauch des Barpersonals verschwinden.
Barpersonal soll nicht mehr zum Trinken animieren
Wie das aussehen soll, hat die gemeinnützige Organisation in einem Leitfaden zusammengefasst. Statt einem Kunden, der mit dem leeren Weinglas winkt, direkt zu fragen, ob es ein Refill sein soll, solle das Personal eine neutralere Ansprache wählen. Was möchten Sie diesmal? Soll es ein kleines oder großes Glas sein? Damit soll umgangen werden, dass Kunden sich zum (Weiter-)Trinken genötigt fühlen. Gleichzeitig soll damit bei den Barkeepern das Bewusstsein für einen verantwortungsbewussten Verkauf bis hin zur Ausschankverweigerung geschaffen werden.
"Gemeinsam können wir dazu beitragen, dass sich der in vielen Teilen der Welt zu beobachtende positive Rückgang des schädlichen Alkoholkonsums weiter ausbreitet und in den Gemeinden auf der ganzen Welt dauerhafte Veränderungen bewirkt", so zitiert "The Times" Henry Ashworth, IARD-Geschäftsführer. Unterm Strich bleibt: Das Vorhaben soll den Alkoholkonsum einschränken, kann also durchaus als Anti-Alkohol-Kampagne gelesen werden.
Ob der Verkauf von Cola und Saft die finanzielle Lücke schließen kann, die der gedrosselte Alkoholausschank bei Erfolg der Kampagne reißen könnte und die Barkeeper sich über kurz oder lang mit der Aktion nicht etwas selbst abschaffen, bleibt abzuwarten. Zumal es sich bei dem Leitfaden lediglich um sogenannte Ratschläge handelt, diese nicht verpflichtend sind. Die führenden Spirituosenunternehmen wie Diageo, Beam Suntory und Heineken scheinen sich jedenfalls keine Sorgen zu machen, dass die sprachliche Neuausrichtung in den Bars für gravierende Einbußen sorgen könnten. Sie unterstützen die Bemühungen.
Quelle: The Times