Gestern laß ich im New York Magazine einen Test. Damit soll man überprüfen können, ob man vielleicht unter Orthorexie leidet. Von Orthorexie habe ich noch nie etwas gehört. Wikipedia schreibt, es sei eine Essstörung, bei der man sich zwanghaft gut ernähren möchte. Klinisch anerkannt sei das ganze noch nicht, ich finde es trotzdem spannend. Wodurch zeichnet sich Orthorexie aus? Das New York Magazine hat zehn Punkte rausgegriffen:
- Du ließt beim Einkaufen immer das Kleingedruckte der Zutatenliste. Ist nur ein böser Stoff, selbst in homöopathischen Mengen enthalten, bleibt die Packung im Regal.
- Du isst nicht den Geburtstagskuchen, weil er Zutaten enthält, die auf deiner roten Liste stehen. Keine Ausnahmen, unter keinen Umständen.
- Du hast Angst zu reisen, denn in fremden Gegenden könnte es vielleicht nichts geben, was zu deiner Ernährung passt.
- Du missionierst. Erzählst jedem, wie toll dein neuer Ernährungsstil ist und wie gut du dich dabei fühlst.
- Du machst viel Sport und isst wie ein Top-Athlet eine Menge Superfoods mit ordentlichen Mikronährstoffen für die beste Regeneration.
- Du hasst einen Brunch. Lieber kommst Du zu spät und sagst, du hättest schon gegessen, oder du bringst dein eigenes Essen mit.
- Du entwickelst seltsame Regeln. Zum Beispiel Weizen nur an Sonntagen zu essen.
- Du wirst zu einem Pseudowissenschaftler. Reden die anderen über Fußball, ist dein Thema Aminosäuren.
- Du wertest die ungesunde Lebensweise von anderen ab. Regst dich darüber auf, dass sich die anderen von Lebensmittelpanschern unbeeindruckt zeigen.
- Du findest etwas Schlechtes in nahezu jedem Lebensmittel, bis kaum noch etwas Gutes für dich übrig bleibt.
Ehrlich, während meiner ersten Wochen mit veganer Ernährung wäre ich auf mindestens 8,5 Punkte gekommen. Man könnte natürlich die Frage stellen, was denn daran so schlimm ist, sich genau zu überlegen, was man isst. Gesundes Essen ist doch prima. Stimmt. Aber wenn es zwanghaft wird, landet man schnell in der pathologischen Ecke. Und hätte ich nicht augenöffnend genau das Erlebnis mit einem Geburtstagskuchen gehabt (ich habe ihn nicht gegessen, weil er nicht vegan war) wäre ich bestimmt auch in der Ecke gelandet. Das passiert ganz schleichend, denn das Thema vegane Ernährung ist interessant und man lernt unglaublich viel darüber, wie unser Essen entsteht und was der Körper damit macht, dass diese Erkenntnisse zum neuen gedanklichen Zentrum werden. Dann heißt es:
Ich und mein Essen
Plötzlich fehlt das wir. Essen ist die Basis unserer Kultur und unserer Persönlichkeit. Ein gemeinsames Essen ist wie ein sozialer Kitt der uns zusammen hält. Nicht umsonst ist das Abendmahl von solcher Wichtigkeit. Damals fand ich das mit dem Kuchen so verkrampft, dass mir klar wurde, dass es für mich Ausnahmen geben muss. Der Geburtstagskuchen ist ein symbolisches Essen. Wenn Du den nicht isst, bist Du raus aus der Gruppe, ein Sonderling. Wie weit das geht, läßt sich in veganen Foren gut beobachten, wenn jemand die Frage stellt „Könnt ihr euch vorstellen, weiter mit einem Omni (Allesesser) zusammen zu leben?“ Würdest Du wegen Deiner Ernährung Deine Feunde verlassen? Ist es das wert? Was ist denn wirklich gesünder, ein stabiler Freundeskreis oder ein nährstoffreiche Ernährung?
Ich? Orthorexie?
Hier geht es zu einem kleinen Test.