Anschläge im Irak "Sie jagen die Christen in allen Bagdader Stadtteilen"

Zehn Tage nach einer blutigen Geiselnahme in einer katholischen Kirche haben Terroristen in Bagdad erneut Christen angegriffen. Sechs Menschen starben, als in der Nacht und am frühen Mittwoch Häuser von Angehörigen der christlichen Minderheit in fünf verschiedenen Stadtvierteln mit Granaten und Bomben attackiert wurden.

Zehn Tage nach dem blutigen Anschlag auf eine Kirche in Bagdad hat es in der irakischen Hauptstadt erneut mehrere Angriffe auf Christen gegeben. Dabei seien sechs Menschen getötet und mehr als 30 weitere verletzt worden, hieß es am Mittwoch aus dem Verteidigungsministerium. Unter Christen in Bagdad brach Panik aus, sie vermuteten das Terrornetzwerk El Kaida hinter den Angriffen.

"Seit Dienstagabend sind 13 Bomben und zwei Mörsergranaten gegen Häuser und Geschäfte gefeuert worden, die Christen gehören", sagte ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. "Insgesamt wurden sechs Menschen getötet und 33 verletzt."

Viele Christen erwägen inzwischen, den Irak zu verlassen. "Seit zwei Jahren versucht mich meine Frau zu überzeugen, dass wir das Land verlassen sollen", berichtete Rajed Wissam einem Reporter der Nachrichtenagentur AFP. "Jetzt bin ich auch überzeugt, dass sie Recht hat. Ich will mich nicht schuldig fühlen müssen, wenn meinen Kindern etwas passiert." Der 42-Jährige schlief nach eigenen Angaben gerade in seinem Haus im Viertel Dora im Süden der Stadt, als er um 06.00 Uhr durch eine Explosion aus dem Schlaf gerissen wurde. "Ich bin aufs Dach gerannt, um zu gucken, was los ist. Dann gab es noch drei weitere Explosionen. Drei Häuser von Christen waren getroffen. Meine Kinder haben geschrien."

Ende Oktober waren bei einer blutigen Geiselnahme in einer syrisch-katholischen Kirche 46 Zivilisten sowie sieben Sicherheitskräfte getötet worden. Zu der Tat bekannte sich El Kaida. Das Terrornetzwerk kündigte weitere Angriffe auf Christen im Irak an, weshalb es auch hinter den neuen Anschlägen vermutet wurde.

"Was können wir tun? Sie jagen die Christen in allen Bagdader Stadtteilen", klagte der aufgewühlte chaldäische Patriarch Emmanuel III Delly im Telefongespräch mit Reuters. Die Christen könnten die Angreifer nicht aufhalten. "Wir können nur zu Gott beten, dass er diese Verbrechen beendet."

Der Erzbischof der syrisch-katholischen Kirche, Athanase Matti Schaba Matoka, rief die Weltöffentlichkeit auf, die Christen im Irak zu schützen. Die Gläubigen im Stich zu lassen, wäre "kriminell". Der Vatikan forderte die irakischen Behörden auf, den Schutz der Christen "ernsthaft zu überdenken". Die erneuten Attacken seien "sehr schmerzhaft", sagte Kardinalsstaatssekretär Tarcisio Bertone nach Angaben italienischer Nachrichtenagenturen in Rom.

Reuters
AFP/Reuters